‚I’m not looking for a pure breed! I’m looking for a big f***ed-up mess like us!’. Shirley Manson ist wirklich geschmeichelt, dass Garbage Konzerte ein breites Publikum anziehen und sieht die Band wie eine abgedrehte Version der Mötley Crüe. Es wurde wirklich Zeit, dass Garbage sich mal wieder live sehen ließen! Nach Jahren der Abstinenz hatten auch die deutschen Fans der Electro-Grunge-Legende in 2012 eine handvoll Gelegenheiten die Band mit Songs von ihrem neuen Album ‚Not Your Kind Of People’ sowie erlesenen Köstlichkeiten aus dem Back-Catalog live zu erleben. Im Nachgang zur ausgedehnten Welttour erscheint nun ein Konzertmitschnitt aus Denver, der zwanzig Songs noch einmal Revue passieren lässt und mit fairem Bonus-Material ergänzt wird. Die Tracklist auf der Tour unterschied sich sehr oft, so dass man genauer hinschauen muss, ob man seine persönlichen Favourites wieder findet. Mir zum Beispiel fehlen auf der DVD der Bond-Klassiker ‚The World Is Not Enough’ und ‚I Hate Love’ vom neuen Album. Dafür jedoch sind auch sieben Songs aus der Ära des Debüt-Albums enthalten, was wiederum jeden echten Fan milde stimmt. Visuell nicht ganz so spektakulär, eher wie ein Rock-am-Ring Mitschnitt, liegt der Schwerpunkt eher darauf, die brachiale Ursprünglichkeit und das klangliche Live-Erlebnis zu transportieren, denn die vierköpfige, um Eric Avery am Bass ergänzte Live-Band schafft es Mrs. Manson den richtigen Rahmen zu schaffen, so dass die ihre psychotsich-beängstigende Bühnenshow medienwirksam durchziehen kann. Mit stechenden Augen und schottischer Kantigkeit stampft sie mal rhythmisch zu ‚Stupid Girl’, das mit einer neuen Bassline aus den Synthesizer an Dynamik gewinnt, oder dreht zu ‚Queer’ auf der Bühne Runden wie ein verhaltensgestörter Hund im Tierheimzwinger. Eine einzigartige Präsenz, die Bewunderung aber auch Respekt erzeugt. Insgeheim glaube ich ja, dass Shirley Manson den mordenden Terminator nicht nur in den Sarah Conner Chronicals gespielt hat. Spaß hat sie auf jeden Fall dabei und streckt Butch Vig auch mal verschmitzt grinsdend die Zunge raus. Selbst die mir persönlich eher verhassten Songs aus dem verflixten dritten Album ‚Beautiful Garbage’ gewinnen an Inhalt, so dass ‚Cherry Lips’ und ‚Shut Your Mouth’ die Setlist rund machen; mehr gibt’s aus diesem Werk aber in Denver auch nicht zu vermelden. Auch die leiseren Exponate sind mit im Gepäck und so erlebt man flächenbehaftete Schönheit zunächst bei ‚Milk’ und in der Zugabe auch bei ‚The Trick Is To Keep Breathing’. Dem Naturell entsprechend jedoch ist ‚Battle In me’ Shirleys liebster Song vom neuen Album und der sägt die gerade bei ‚Milk’ gewonnene Bedächtigkeit innerhalb von Sekunden wieder weg. Wo die meisten Songs sehr nahe am Original geblieben sind, stellt ‚Only Happy When It Rains’ als Abschluss des regulären Sets eine willkommene Ausnahme dar: ein akustisches Intro, das hervorragend mit Butch Vigs Rendition von ‚In Your Room’ gemixt werden könnte, gibt dem Song eine komplett neue Wendung, die jedoch bald zur bekannten EMO-Party-Version gedreht wird, wie das Publikum sie erwartet: ‚Pour your misery down on me…’, einfache Zeilen mit hohen Identifikationswert. ‚Vow’ mit ‚Because The Night’-Anteilen beendet schließlich den Gig, anders als in Europa, wo Siouxies ‚Happy House’ als Mash-Up Komponente verwendet wurde. In der Bonus Section finden sich neben einem Slapstick-Warm-Up zur Show interessante kurze Sprechpassagen der Band und Rehearsal-Footage zu vier Songs des neuen Album. Natürlich fehlen auch die beiden hauptsächlich in schwarz-weiss gehaltenen Videos zu ‚Blood For Poppies’ und ‚Big Bright World’ nicht, die leicht verschroben und mit nicht völlig transparenter Story das visuelle Garbage-Universum großartig ergänzen. ‚One Mile High… Live’ ist eine DVD auf die die Fans gewartet haben, die aber auch eine breiteren Zielgruppe gefallen müsste. Wenn auch der Schnitt vielleicht etwas innovativer hätte sein können, ist die DVD weit mehr als ein Tour-Souvenir, insbesondere da dies auch der erste offizielle Live-Output der Band ist.