Auch am letzten Grufti dürfte es nicht vorbeigegangen sein - der Sommer ist dank Klimakollaps jetzt schon da und gegen dieses Gute-Laune-Gefühl, welches sich einem bei permanenter Sonnenbestrahlung aufdrängt, kann man sich selbst im Hinblick auf den nahenden Weltuntergang nicht wehren. Angereichert mit Glückshormonen befand ich mich also eines Samstagmorgens auf einer Shoppingrunde durch nicht etwa die Schuhläden meiner Stadt, sondern durch die Musikabteilung des Planeten unter den Medienkaufhäusern. Genau hier passierte es dann, das Unerwartete. Die Schreiberin hat sich an diesem Vormittag tatsächlich eine CD in ihren Warenkorb gelegt, die nach 70er lastigem Loungepop, Funk, Discopunk klingt. Genau diese Musik lief im Hintergrund der Planetenmusikabteilung. Ich konnte einen dunklen, dahintreibenden, fast schon gemächlichen, atmosphärischen Sound wahrnehmen, der nie ganz explodierte und der dennoch absolut druckvoll war. Ich konnte moderne, elektronische, basslastige Klänge wahrnehmen, bei denen unentwegt die Krautrockjahre um die Ecke schauten. Einen Sound, der mich an das Gefühl der letzten Abfahrt nach einem perfekten Skiurlaub erinnerte, an den Sonnenuntergang eines wundervollen Sonntags, an Autofahrten im Regen. Fließende, ausdruckslose, teilweise surrealistische Vocals unterstrichen diese Stimmung, in die mich diese Musik versetzt hatte. Und genau diese Musik trieb mich an diesem Vormittag in einen regelrechten Kaufsog. Für diejenigen Leser, die nach den Begriffen Krautrock, Discopunk, Loungepop, Funk jetzt immer noch dabei sind, seien hier mal einige Hintergründe verraten. Der Name Fujiya ist der Name einer Schreibmaschinenmarke, Miyagi ist ein Name aus "Karate Kid", nämlich der des Mentors von Ralph Macchio. Der Titel "Transparent Things" wurde nach dem gleichnamigen Roman des russischen Schriftstellers Vladimir Nabokov gewählt. Die Köpfe hinter diesem Projekt sind die drei Jungs aus Brighton (UK) David Best, Matt Hainsby und Steve Lewis, die mit dieser auf dem "Grönland"-Label erschienenen CD erstmalig alle bisher nur auf Vinyl erschienenen Singles zusammenfassten zu einem kompletten Werk. Die Einflüsse werden beim mehrmaligen Durchlaufen der CD immer deutlicher - Can, Neu!, Cluster und ein wenig Kraftwerk. So kann man beim genaueren Hören gleich beim ersten Stück "Ankle Injuries" Verbindungen zum "Negativland" von Neu! erkennen. Weiter geht es dann mit "Conductor 71", wo man leicht Cans "Moonshake" durchklingen hört. Bei "Cassette Single" kommen die Kraftwerkfans auf ihre Kosten. Aber auch The Church lassen sich bei dem Stück "Cylinders" heraushören. Laut Aussage des Sängers David Best sind diese hörbaren Einflüsse auch als ein deutliches Nicken zu ihren musikalischen Vorbildern zu verstehen und als ein klares Ja! dafür, dieselbe musikalische Ästhetik zu teilen und dennoch ein eigenes Ding daraus zu machen. Und davon, dass diese Platte wirklich eigenständig klingt, könnt ihr euch ja mal beim Hineinhören überzeugen. Klar, diese CD ist absolut Geschmacksache (wie ja alle irgendwie), aber vielleicht gibt es ja den Einen oder Anderen den diese besondere Stimmung dieser Musik ebenso in den Bann zieht, wie es bei mir passiert ist. Für mich ist es eine gelungene Scheibe, die ich mir in melancholisch glücklichen Sommermomenten gern anhöre. Ja und immer wieder denke ich dann an die zukünftigen Sommer mit 50°C und überlege mir jetzt schon, welche Vorkehrungen ich dann gegen das viele Schwitzen treffen kann. Dass man bei dieser Musik nicht nur beschwingt durch Musikmärkte schlendern kann sondern durchaus auch abtanzen kann, beweist eine Tanzanleitung, die auf der Homepage der Band (www.fujiya-miyagi.co.uk) unter News zu finden ist.