Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem steten Wandel der vier Jahreszeiten existiert bekanntlich eine ganze Zeitspanne länger, als dröhnende Stromgitarrenriffs und gutturaler Gesang aus Gerstensaftgetränkten Kehlen. Nicht nur dem Verfasser dieser knappen Zeilen, raubten leblose Pädagogen mit stupidem Auswendigerlernen von Naturbezogenen Gedichten á la Rilke und Mörike die ästhetische Seite an derartiger Lyrik. Wenngleich aber „Fjoergyn“ mit ihrem dritten Langspieler „Jahreszeiten“ leicht unangenehme Erinnerungen an die nicht immer lustige Schulzeit im Hinterstübchen wiedererwecken, wiegen dies die Erwartungen angesichts hochklassiger Veröffentlichungen aus den vergangenen Jahren mehr als nur auf. Als Anno 2005 das Debüt „Ernte im Herbst“ seinem Erscheinen entgegenblickte, folgte zwei Jahre später ein gelungener Auftritt auf dem Lichtenfelser Ragnarök Festival und machte die Thüringer weithin bekannt. Anfangs erkannte man im Erstwerk noch eine grobe wie erfrischend neuartige Mischung aus melodiösem Pagan Metal und einer deftigen Prise Neoklassik. Mit dem avantgardistischen Zweitling „Sade et Masoch“ geschah sogleich der erste Schritt zum Stilistikwechsel welcher nun aktuell in „Jahreszeiten“ mündet. Auch nach ihrem dritten Langspieler haben die ostdeutschen Anspruchsmusiker keinen Funken an wohldosierter Härte verloren. Jedoch wird die verbale Derbheit sehr häufig durch verzückend glasklar gesungene Abschnitte geschmückt, wodurch der lyrische Inhalt umso deutlicher im geistigen Auge hervorzuragen weiß. Überhaupt strotzt der frisch gepresste Silberkreisel nur so vor ehrfurchtsvollen Ruhemomenten voller Lobpreisung für die faszinierende Wandlungsfähigkeit von Mutter Natur. Getragen wird dieser opulente Klangteppich nämlich durch seine intensiv wirkenden Liedtexte rund um die Eigenarten der vier Jahreszeiten und einer fast schon verschwindend geringen Nebenrolle menschlicher Existenz zwischen dem Ewigen. Wohlaber muss der kleine Kreisel längere Zeit im Einschubfach verbringen, damit sich Vielschichtigkeit und versteckte Raffinessen Fjoergyns gänzlich entfalten können. Daher mag der Zündfunke vielleicht nicht auf Anhieb überspringen, doch mit ein wenig investierter Zeit läuft auch diese Scheibe auf Betriebstemperatur und macht aus „Jahreszeiten" wahrhaft ein Herzensstück.