Ein ungewöhnlichess Duo gibt sich auf dem selbstbetitelten Debutalbum die Ehre: Die siamesischen Zwillinge Evelyn und Evelyn Neville vertonen, besingen und erzählen ihre denkwürdige und tieftraurige Lebensgeschichte. Ein autobiographisches Album... und ein ganz besonderes noch dazu. Dass das Paar verdächtig nach Amanda Palmer (The Dresden Dolls) und Jason Webley aussieht, die in einem zusammengenähten Kostüm hocken sei nur am Rande erwähnt. Und auch, dass Klang und Produktion Frau Palmers Handschrift tragen. Denn immerhin ist Evelyn Evelyn ein Album, dass sich zumindest etwas deutlicher von ihren bisherigen Releases unterscheidet. Grundsätzlich bleibt alles beim alten. Gesang und Piano im Fokus, satte Produktion mit Bläsern,Streichern, etc um die Geschichte der Geschwister passend zu begleiten. Aber Evelyn und Evelyn sind doch nicht Amanda Palmer solo oder ein neues Dresden Dolls. Das Album ist ein Konzeptalbum, wie es im Buche steht, die Musik dient der Handlung und nicht andersherum. Es gibt immer wieder Erzählparts, die stimmungsvoll und mitreißend die Irrwege der Geschwister vorantreiben und schließlich mit den Liedern eine inhaltliche Verknüpfung aufbauen. Auch wird Jason Webleys Gesang und seinem Akkordeon genügend Platz geschaffen. Und schließlich fällt auf, dass Amanda sich für ihre Rolle als Evelyn Mühe gibt, ihre Stimme zu verändern. Wesentlich zerbrechlicher und quiekiger ist er, sie ist der ängstliche Teil des Duos, die immer wieder Halt bei ihrem Gegenpart sucht. Der Hörer muss sich also darauf einstellen, nicht unbedingt ein Album voller Kracher zu erwerben sondern ein Märchen mit einzelnen Stücken. Doch auch hier finden sich wundervolle kleine Juwelen: Das einleitende Titelstück (das noch am ehesten an die Dresden Dolls erinnert) ist einfach wundervoll, "Have you seen my sister Evelyn" bietet einen humorvollen und swingigen Ausflug in die 40er Jahre, "Chicken man" klingt wie der Vorstellungssoundtrack zu einem Batmanbösewicht aus einer Burton Verfilmung. Und schließlich ist da noch das einzige Cover des Albums: Nichts hätte die Geschichte schöner zum Ende bringen können als der Joy Division Klassiker "Love will tear us apart" in einer ruhigen und zerbrechlichen Ukulelen (!) Version. Doch nicht alles ist Gold in der Geschichte der beiden. Und Songs wie "Elephant Elepant" und "My space" sind gerade im Vergleich zu den tollen Songs im immer größer werdenden Amanda Palmer Fundus ziemlich fad. Evely Evelyn sei deswegen nicht grundsätzlich jedem empfohlen und ich will das Album auch nicht direkt den Palmer Fans unter uns schönreden. Wer keine Konzeptalben mag, der wird sich hier auf Dauer nicht wohlfühlen, auch wenn er die Bostoner Sängerin liebt. Man muss gerne Geschichten hören, die Erzählparts genauso "wollen" wie die Songs. Dann aber ist Evelyn Evelyn sicherlich eine schöne Erfahrung. Und ganz sicher ist der Erlebnis live ein vielfaches mehr wert (denn die beiden Musiker stecken wirklich in einem zusammengenähten Kostüm und bedienen die Instrumente gemeinschaftlich da jedem nur eine Hand bleibt). Aber darauf müssen wir in Europa wohl eine Weile warten. Wenn überhaupt.