Wenn man Synth-Pop Fans nach Lieblingsbands fragt, werden in der Regel zuerst die erfolgreichen Bands aus England und Deutschland genannt. Aber ich würde darauf Wetten, dass auch immer eine Band aus Skandinavien dabei ist. Es ist schon viel geschrieben worden über das Verhältnis von Einwohnerzahl zu erfolgreichen Synth-Pop Bands, aber es ist trotzdem immer wieder erstaunlich. Mit dazu beigetragen hat Mitte der Neunziger unter anderem das Label October Records, welches dem Genre viele klangvolle Namen geschenkt hat. Während erfolgreiche Bands wie Statemachine oder KieTheVez eher genretypisch unterwegs waren, haben nicht zuletzt die Label-Sampler Bands eine Plattform gegeben, die verschiedene Einflüsse zusammengebracht haben und nicht den großen finanziellen Erfolg versprachen. Zwei dieser Bands haben später bei Life Is Painful Records ihr Comeback gegeben. Sombre View und eben Estrange, die jetzt mit „On The Wane“ Ihr drittes Album vorlegen. Hinter Life Is Painful Records muss wirklich Herzblut stecken. Nicht nur, dass hier Bands unterstützt werden, bei denen sicher keiner Chartplatzierungen erwartet, es wird zudem sehr viel Liebe in das Cover-Artwork gesteckt. Ein Digipack plus 16-seitiges Booklet ist heutzutage ja leider eine besondere Erwähnung wert. Zwischen dem Debüt „A Beginning“ und dem zweiten Album „Interim“ hat Sänger Andres Persson Estrange verlassen und Andres Lilja trägt nun die Verantwortung für die Songs alleine, wird bei der musikalischen Umsetzung aber von einer Reihe von Freunden tatkräftig unterstützt. „On The Wane“ enthält elf Stücke, die die typischen Synth-Pop Facetten um Einflüsse von Bands wie The Cure ergänzen. Dabei spielt Marcus Lilja mit dem Tempo, singt schönen Refrains und baut hier mal eine akustische Gitarre oder dort überraschende Breaks ein. Gerade dank dieser Breaks bleiben getragene Titel wie „If Only We Knew How To Die“ spannend. Leider fehlt vielen Songs der letzte Kick, was am teilweise durchschnittlichen Gesang liegt und so plätschern zum Beispiel „Nothing Today“ oder „Did You Believe It Would Come To Us“ leider nur vor sich hin. Daher ist es erfrischend, wenn mit „What Was“ das Tempo mal angezogen wird und mehr Dampf in die ganze Sache gepumpt wird. Direkt im Anschluss vereint „Loser“ alle positiven Eigenschaften und überzeugt mit Abwechslung und einem schönen Refrain, bevor mit „Unchangeable“ eine für ein Synthie-Pop Album unverzichtbare Ballade den Abschluss bildet. Ein netter Song, der aber im direkten Vergleich mit dem zerbrechlichen „A Lost Samaritan“ vom Debüt nicht bestehen kann und stellvertretend verdeutlicht, dass Estrange leider nicht mehr so stark sind wie noch Ende der Neunziger. Mich begeistert, wie deutlich man den Enthusiasmus spürt, der in Musik und Verpackung steckt. Aber auch wenn wie erwähnt einige gute Stücke auf „On The Wane“ zu finden sind, können mich Estrange nicht vollends überzeugen oder sich nachhaltig in meinen Gehörgängen festsetzen.