Der Wechsel hätte nicht größer sein können: Von Black/Death Metal zum vollkommen elektronischen Industrial vollzog der Engländer Jamie Blacker eine durchaus bemerkenswerte Wandlung. Verführt durch Acts wie Sonar und Converter wollte er ab 2003 seinen eigenen kompromisslosen Stil intelligenter elektronischer Musik entwickeln, die sich nach mehreren Sampler-Beiträgen Mitte August 2006 in seinem ersten Release „Devotion, Discipline, And Denial“ manifestierte. Harsch, dunkel, mit gelegentlichen Ambient-Einflüssen versehen, sehr rhythmusorientiert, nicht zu schnell, mit viel Liebe zu Details und vor allem nicht dem 08/15-Gebolze folgend. Für Außenstehende mag das Album sicherlich trotzdem nach dem Letztgenannten klingen, denn ganz neu lässt sich Industrialmucke nicht erfinden. Deshalb ist der Anspruch intelligente Musik mit solch einem Genre zu verbinden von vorn herein natürlich sehr gewagt, doch gerade kreative Quereinsteiger können diesem Motto doch eher unvoreingenommener folgen. Genauso ist es auch gekommen und umso schöner wäre es, wenn E.S.A. (Electronic Substance Abuse) auch bald den gebührenden Zuspruch in Auftritt- bzw. Chart-Form einheimsen könnte. E.S.A. hat ein massentaugliches, brachiales Industrial-Monster geschaffen, dass sich (meist) im Mid-Tempo von Song zu Song vorwärts wälzt und dabei kontrolliert alles platt macht, was sich ihm in den Weg stellt. Und doch ist es ein Monster mit Herz, dessen spezieller Charakter sich gleich zu Beginn durch das beatlose Intro und später mit weiteren Tracks belegen lässt, wie „Belief Conversion“, dessen Lyrics übrigens von der Rotersand-Mannschaft stammen. Der Break vollzieht sich hier hart, wird aber sanft durch Sprach- und entfernte Gesangsamples abgefedert, was in dieser Art beim Standard-Arrangement eher außen vor gelassen würde, weil es nicht dem Muster entspricht. Der weibliche Sprechgesang und der sanft eingestreute fernöstliche Gesang bei „We All Know The World Is Wrong“ ist ein weiteres Indiz für die vielen kleinen Details, die „Devotion, Discipline, And Denial“ um Längen aus dem Schatten einer Unmenge einfach-nur-voll-auf-die-12-produzierter Lärmorgien herausragen lassen. Schon diese kleinen Beispiele sind richtungsweisend dafür, dass dieses Album nicht nur laut im Club seine Berechtigung findet, sondern neben dem Auto auch in den heimischen vier Wänden. So merkwürdig es klingt, umso erstaunlicher ist es, dass der geneigte Hörer die zwölf Titel problemlos nebenbei oder auch aktiv laufen lassen kann, ohne dass Monotonie durch nervende, titellange Quälgeräusche aufkommt. Auch wenn der Industrialsound oft mit Aggressivität verbunden ist – die wird hier zumeist durch das Gegenteil ersetzt: Freude am Hören, weil endlich einmal wieder eine neue Geräuschzusammensetzung unter Zuhilfenahme artfremder Klänge stattgefunden hat. Zwar lässt sich das nicht für alle Titel in diesem Ausmaß behaupten, doch als Lückenfüller kann kein einziger bezeichnet werden. Neben den schon genannten Titeln gehören auch keinesfalls „Satan Is Real“, „The Misconception Of Zen“ und „Fruits Of Self Loathing“ dazu, was nach Meinung des Autors der ultimative Song im rhythmischen Industrial-ChillOut-Ambient-Genre ist – ein Traum in den Bann ziehender, infernaler Schönheit, mit der alles zu Ende gehen muss.