Seit über zehn Jahren darf man sich nun schon über den erfrischenden, aber auch teilweise herrlich nostalgischen Synthie-Pop der Saarländer Equatronic freuen. Aus ihrer tiefen Verehrung der elektronischen Klänge aus den 80ern heraus riefen die Herren – damals noch zu dritt, nun zum Duo geschrumpft – 1987 die Band „The Wish“ ins Leben. Nur zwei Jahre später wurde aus „The Wish“ nach einer musikalischen Umorientierung „New Substance“ und innerhalb von vier Jahren drei Demos veröffentlicht. Musikalische Differenzen beendeten jedoch bald die Zusammenarbeit, 1993 gründete Oliver Thom (Gesang) schließlich Equatronic. Inzwischen sind drei Fulltime-Alben und eine EP erhältlich und seit wenigen Wochen nun sogar eine Best-Of! Das ging aber schnell, möchte man fast sagen, doch nach über einer Dekade Bandgeschichte ist so was auf jeden Fall drin! Denn Equatronic haben nicht nur eine Menge schöner Songs geschrieben und aufgenommen, sie haben sich ebenfalls als begnadete Remixer etabliert und können bereits etliche Sampler-Beiträge aufweisen. „Too Close, Too Far And Gone“, das in einer edlen DVD-Verpackung präsentiert wird (leider ohne Band-Fotos, auch ein paar schriftliche Anekdoten aus dem Bandgeschehen hätten die Veröffentlichung noch einmal ein ganzes Stück aufgewertet!), bietet mit 12 Tracks einen umfangreichen Querschnitt durch das bisherige Schaffen von Equatronic. Allerdings haben es sich Oliver Thom und Dirk Gerlach nicht so einfach wie andere Bands gemacht und einfach ein paar Songs zusammengewürfelt, sondern einen Remix-Aufruf gestartet und befreundete wie bekannte Bands an einige Titel „Hand anlegen“ lassen. Dazu gehören z.B. Micha Pohl alias Wave In Head, die Dynamic Masters, Honeychurch und Pleasures Remain. Ein Großteil der Remixer dürfte aber wohl noch weitgehend unbekannt sein, von Poplib, Polaroy oder Liberté habe zumindest ich noch nie etwas gehört. Da mir selbst nicht alle Originale von Equatronic bekannt sind (ihren grandiosen Auftritt auf dem Synthie-Pop Festival letztes Jahr in Stuttgart werde ich aber nie vergessen!), verzichte ich an dieser Stelle auf einen „Vorher Nachher-Vergleich“ und bewerte einfach die mir vorliegenden Remixe. Offenbar ließen sich die Genre-Kollegen auch nicht lange bitten und legten sich für Oliver und Dirk richtig ins Zeug, denn „Too Close, Too Far And Gone“ hat für Freunde des melodischen, unkomplizierten und harmonisch-weichen Synthie-Pop à la Elegant Machinery, De/Vision, Boytronic oder Distain! das Zeug zum Lieblings-Tonträger! Hier versammeln sich beatlastige, tanzbare Synthie-Kracher genauso wie ruhige-verträumte Balladen – allesamt neu eingesungen – mit feinen weiblichen Vocals inklusive! Hier ist einfach für jeden etwas dabei. Den Auftakt zu einer abwechslungsreichen Reise durch das Equatronic Sounduniversum macht „Shame“ von der ersten Shadowland EP. Im Mid Tempo gehalten, mit hitverdächtigem Refrain und Synthielinien und einem treibenden, aber nicht zu aufgesetzten Bass der perfekte Einstieg. „Light“ entführt in höhere Sphären und hält den Hörer auf Wolke Nr. 7 gefangen, wie ein morgendlicher Lichtstrahl, der erst durch die Vorhänge blinzelt und langsam zu einer wärmenden, glühenden hellen Flut wird. Aus „Late Night Show“ haben Northern Electric einen modernen, fulminanten, flotten Electro-Song gemacht, der noch immer jede Menge 80er Disco-Flair versprüht. Es fällt unglaublich schwer, Favoriten zu benennen, denn die Songs versprühen einen so anziehenden Charme und jede Menge Freude, aber auch Melancholie – das Leben pur. „God’s Army“, remixed von den deutschen Dark Pop-Musikern Fearing Christmas schlägt extrem ruhige und fast verzweifelte Töne an, ein schönes, aber trauriges Interim. Doch nach dem ebenfalls recht dunkel gehaltenen „Searing Eyes“ mit den Stimmen von Nico und Achim (besser bekannt als Honeychurch), wischt „Always The Same“ vielleicht doch das letzte kleine Tränchen aus dem Auge und bringt die beruhigten Glieder wieder in Bewegung. „Close To You“ trägt unverkennbar die Handschrift von Wave In Head, zu charakteristisch ist die von Micha Pohl eingesetzte Bassline. „Paradise Eight“ wurde nun doch zu meinem (zweiten) Lieblingssong – nicht nur, weil er mich so stark an „Reincarnation“ von Deine Lakaien (Rhythmus und Gesang) erinnert, fast future-poppig wirkt das Stück im Liberté Mix. Doch „No Tomorrow“ weiß diesen Song noch zu toppen – eine wunderbare Melange aus mehrstimmigem Gesang, wärmenden, fließenden und mitreißenden Synths und dem dumpfen, weichen Beat. „Far Away“ ist vom gleichen Kaliber, eine schwermütige, ausgesprochen emotionale Ballade mit Engelsstimmen. Einen besseren Ausstand hätten Equatronic auf „Too Close, Too Far And Gone“ nicht geben können! Für nur knapp 11 Euro gibt es das Remix-Album bei Intrapop zu beziehen, eine überaus lohnenswerte Anschaffung, die lange Freude bereiten wird.