Vor einigen Wochen veröffentlichte ein Musikexperte auf Twitter eine interessante Grafik, welche die landläufige Meinung über elektronisch erzeugte Popmusik pointiert zusammenfasst. Auf der linken Seite offenbarte die Gedankenblase des als „Fan“ identifizierbaren Kopfhörerträgers Begriffe wie „EBM, Intelligent Electro, Future-Pop, Dark Wave, Dubstep, Industrial“, während auf der rechten Seite ein „Normalo“ in Endlosschleife „Depeche Mode“ vor sich hin murmelte. Diese überaus treffende Beschreibung könnte Eins zu Eins auf die Rezeption der vorliegenden EP „Breaking Out“ übertragen werden. Der gemeine Mann auf der Straße würde den Sound der 12 Track-starken Scheibe unter dem Label „das klingt ja wie Depeche Mode“ einordnen, doch wir vom Medienkonverter hören wie immer mit beiden Ohren hin und haben uns deshalb für die Rezension (zu?) lange Zeit gelassen. Binnen weniger Jahre konnte sich das Trio trotz eines Wechsels an der Spitze eine treue Hörerschaft erspielen, die sicher auch mit der neuesten Veröffentlichung zufrieden sein dürfte. Denn Abwechslungsreichtum ist für die Wahl-Münchener nicht nur eine Proklamation zur Generierung maximaler Werbewirksamkeit, sondern entpuppt sich als Leitmotiv der spannenden Reise durch die unterschiedlichen Spielarten strombasierter Kompositionen. Der mit Abstand harmloseste Song steht dabei ganz am Anfang: „Breaking Out“, gleichzeitig Namensgeber der EP, wartet mit einem symphonischen Intro auf, die Lyrics sowie die Instrumentierung erinnern jedoch stark an Massenware wie sie Chris Pohls „Blutengel“ routinemäßig abliefern. Glücklicherweise wird die Textzeile „wenn du fällst steh wieder auf“ wörtlich genommen, so dass beginnend mit dem 2. Lied ein echter Qualitätssprung offenbar wird. „The Things Yo Never Did“ bietet einen asymmetrischen Rhythmus und einen eingängigen Refrain, „Blind“ fügt dem Klanggerüst schließlich zurückhaltende Gitarrenriffs und einen aggressiveren Gesang hinzu. „All The Lost Friends“ nimmt das Tempo wieder heraus und bildet gemeinsam mit dem fluffigen Synthpop-Kleinod „New Life“ das harmonischste Segment der Platte. Die zweite Hälfte der EP wird von Remixen unterschiedlicher Güte dominiert. Besonders hervorzuheben ist die Bearbeitung von „Isolation“, dem „The Eternal Afflict“ den letzten Feinschliff verpassten. Treibende Dynamik, nachdenkliche Vocals und pumpende Beats müssten wie geschaffen für den landesweiten Clubeinsatz sein - für mich persönlich DER Hit der EP! Des Weiteren gefällt der knarzige Remix von Rob Dust („Lose Control“), der mit modernen Electrosounds auch bei szenefremden Hörern auf breite Resonanz stoßen dürfte. Mit dem Bonustrack „The Wild Boys“, einem mutigen Cover des Duran Duran Klassikers, gehen die drei Jungs das finale Risiko des grandiosen Scheiterns ein, doch erstaunlicherweise passt der Song gut zur allgemeinen Grundstimmung des Sounds, der sich stets zwischen introvertiertem Zweifeln, Fragen aufwerfender Kritik und wütendem Aufbruch bewegt. „Wild Boys“, ein passender Untertitel dieser überaus preiswerten EP, die mehr als ordentliches Hörfutter, sowohl für das heimische Sofa als auch für die Tanzfläche, zu bieten vermag.