Unglaublich, dass es 12 Jahre her sein soll. ‚Weiland‘ wurde als das Abschiedsalbum von Empyrium angekündigt und es schmerzte mit jedem Hördurchlauf mehr, sich vom Duo Markus Stock (alias Ulf Theodor Schwadorf) und Thomas Helm zu trennen, war doch dieses Album eine Blaupause für mystisch-naturverliebte Folkkunst und stimmiger Konzeptidee. Nach zwei Alben ruhigerem Black Metals und zwei in meinen Ohren herausragenden Folkwerken ging Schwadorf bodenständigere und direktere Wege und rockte bei Vision Bleak durch die Karpaten. 2010 wurde von einer Rückkehr gesprochen und in den letzten Jahren kündigte sich durch ein Best of Album, einen einmaligen Live-Auftritt und mit 2 neuen Songs (die sich auch auf diesem Album finden) an, was heutzutage nimmer überrascht: Todgesagte leben länger und ich präsentiere das fünfte Werk von Empyrium. Eine solche Zeitspanne zwischen zwei Alben bringt natürlicherweise Modifizierungen im Sound mit sich und so ist ‚The turn of the tides‘ ein klarer Gezeitenwechsel: Puren Folkzauber suchen Freunde der letzten beiden Alben vergeblich, die etwas holperigen aber liebenswerten Stücke der ersten Tage sind aber auch nur oberflächlich geeignete Vergleichsobjekte. Empyrium bieten 2014 wieder Cleangesang und dezentes Fauchen, opulente Melodien und sanften Spannungsaufbau, Folk/Klassik mit wiederkehrenden E-Gitarren. Doch der Inhalt unterscheidet sich erneut: Das Coverartwork, eine fast nicht nachbearbeitete *hust* Fotographie, zeigt zum ersten Mal keinen Baum/Wald sondern titelentsprechend Brandung und wirkt auch durch die gewählte Schrift weniger verschroben, lieblich, kitschig sondern immer noch kitschig aber etwas massentauglicher. Und das ist auch mein Eindruck vom Album selbst und seinen Neuerungen: ‚The turn oft he tides‘ ist ein Album einer Band, die weiß, wie man sich professionell in Szene setzt und mit aktuell beliebten Sounds den eigenen Klang geschickt modifiziert. Bereits das Intro, das im Übrigen zusammen mit dem Pianostück „We are alone“ mein Favorit auf dem Album ist, bietet opulente Dramatik und einen polierten, prachtvollen Sound. Empyrium erkenne ich auf diesem Album an Schwadorfs unverkennbaren gestelzten Gesang, instrumental würde ich die Stücke aber nicht immer mit dem Namen Empyrium verbinden. Ein wenig Corde Oblique („Savior“), neuere Dead can dance (zu Beginn von “Dead winter ways” und bei „In the gutter of this spring”) und Oberon (“With the current into grey”) haben sich hier mit ausgedehnten Post Rock/Metal Parts (z.B. „In the gutter of this spring“) zusammengetan, um Empyrium zeitgleich moderner und kantenloser klingen zu lassen. Ich kann mit Liedern wie „Dead winter ways“, „The days before the fall“ oder „With the current into grey” einige schöne Momente erleben, doch verbleibe ich zum Albumende mit dem Gefühl, dass ‚The turn oft he tides‘ einfach nicht mehr die Magie in sich trägt, die die alten Werke transportierten. Und gerade das Titelstück, das mit 8 Minuten ein Fünftel der Albumzeit einnimmt, erweist sich als etwas zahnloses Outro, das man in dieser Form schon oft und besser von anderen gehört hat. Konfetti und Blasorchester hatte ich sicherheitshalber gar nicht erst bestellt. Zu skeptisch war ich, was ein Anknüpfen an längst vergangene Zeiten angeht. ‚The turn oft he tides‘ ist publikumszugewandtere Kost, die Puristen wie mich abschreckt, aber sicherlich und zu Recht viele andere ansprechen wird. Dafür kann und will ich Schwadorf und Helm nicht verdonnern und ein verriss würde dem Album Unrecht tun. Es ist ein gutes Album, nur eben keines mit der Herzenswärme und der enormen Tiefe, die ‚Weiland‘ bot. Ps.: Als Fan der Band habe ich mir vor lauter Komplettierungsdrang die Buchedition ins Haus geholt und kann sie aus Sammlersicht wärmstens weiterempfehlen - schöne Bilder und ein dezenteres Cover erhöhen zumindest meinen Genuss noch ein Stück mehr.