Die mutmaßliche Flughafenwartehalle auf dem Cover ist eine Einladung: eine Aufforderung, die Newcomer „Empire Of Dust“ auf eine Reise zu begleiten. Die Reise durch Irrungen und Wirrungen des alltäglichen Lebens führt musikalisch entlang prägender Begegnungen an mystischen Orten und wird untermalt mit liebevoll bearbeiteten Bildern, die das typische Fotoalbum eines Weltreisenden illustriert. Wer soviel Liebe in die Gestaltung des Booklets steckt, dem gehört in Zeiten des musikalischen Streaming-Fastfoods nicht nur ausdrücklich gedankt, sondern der darf sich auch über zwei offene Rezensentenohren freuen, die überprüfen, ob die visuell geschürten Erwartungen ihre Berechtigung haben. Mit dem Debüt „A Place To Rest“ macht es sich das Trio um Alina, Manuel und Lars nicht leicht. Denn anders als für die breite Schar an Mitbewerbern, lässt sich für „EID“ keine Schublade zur Einordnung ihrer Musik öffnen. Wie könnte unter diesen Vorzeichen ein passender Werbeslogan lauten? „Die neue Synthpop-Entdeckung Deutschlands?“ Nein, denn dafür sind die Melodien zu brüchig, die Rhythmen unruhig und der Gesang deutlich zu kraftvoll. „Indie-Electro vom Feinsten?“. Nö, dieser Spruch käme angesichts der allenfalls temporären Clubtauglichkeit zu gewollt rüber. „Empire in Dust klingen wie Empire in Dust?“ Super, dabei bleiben wir und versuchen uns an einer genaueren Definition des eigenwilligen Sounds. Der Auftakt mit „Always Blue“ tönt noch recht alltäglich aus den Boxen. Klassische Popstrukturen, ein sofort ins Ohr gehender Refrain und die Fokussierung auf maximal wirksame Harmoniebögen sorgen für nettes Mitwippen, aber lassen noch nicht das nun folgende Ideenfeuerwerk erahnen. „Cut“ bietet das ganze Spektrum elektronischer Spielereien auf. Da ist von Breakbeat, Drum’n Bass, EBM und Club-Electro so ziemlich alles vertreten, was einen entweder vor Begeisterung breit grinsend die Nachbarn verschrecken oder vor Abscheu die Rolläden runter ziehen lässt. So spannend der Song auch ist, für meinen Geschmack will die Band hier zu viel und verfährt nach dem just für diesen singulären Song ersonnenes Motto „Mehr ist manchmal Mehr“. Aber ab Titel Nummer 3 nimmt die Hitdichte bei gleich hohem Einfallsreichtum spürbar zu. „Blass & Starvation“ ist ein tanzbarer Popsong mit einem Schuss Härte und dem sich im Kopf festsetzenden Chorus. „Downtime“ bietet das erste Ruhepäuschen an einem „Place To Rest“ - der Wechselgesang zwischen Manuel und Alina funktioniert blendend und verleiht dem auserwählten Rastplatz einen Hauch von versteckter, bedrohlicher Atmosphäre. Überhaupt ist der Gesang eine gesonderte Erwähnung wert. Es trällert kein glattgebügelter, bis zur Unkenntlichkeit ausproduzierter Chanteur ins Mikro, sondern ein „echter“ Mensch, dessen Stimme nicht fehlerlos, aber gerade deshalb so charakteristisch und glaubwürdig ist. Auf diese Weise pendelt Manuel gekonnt zwischen aggressiver Intonation („Libria“), wavigem Timbre („Against Reality“) und beschwörender Lyrik („The Glade“). Elf Songs umfasst das Erstlingswerk, in dem Wiederholungen und gehäufte Selbstzitate die absolute Ausnahme bleiben. „Your Light“ bietet zum Ende noch einen treibenden, elektronischen Backing Track, während „Retrospective“ zur Krönung sogar Ska-Elemente in den Chorus integriert. Führte man unter den Käufern eine Umfrage zu den persönlichen Lieblingstracks durch, dürfte die Bandbreite an genannten Liedern so umfangreich wie die feilgebotenen Sounds sein. Bei mir stünde „Against Reality“ auf dem Podium ganz weit oben, dicht gefolgt von „Retrospective“. Ich wünsche viel Spaß beim Sammeln eigener Reiseeindrücke!