„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ dachte sich wohl die Band „Elace“, ein Trio aus Hamburg, als sie nach Gründung im Jahre 2010 ihren künftigen Musikstil zu definieren gedachten. Zu jener Zeit schien synthetisch angehauchter und mit Indie-Einflüssen durchsetzter Pop eigentlich tot und deshalb war die Konzentration auf unbeschwerten, aber doch irgendwie erdigen Pop mit akzentuierten Gitarrenakkorden im Background ein echtes Wagnis. Die Band um den singenden Komponisten Andrew Kohlar, Daniel Zielonka und Franziskus Schuhmacher war bis vor wenigen Monaten nur absoluten Insidern bzw. regelmäßigen DE/VISION- und Mesh-Konzertgängern bekannt, schließlich durfte sie beide Gruppen auf diversen Konzerten als Support begleiten. Zwangsläufig drängen sich bei Erwähnung der beiden Referenzgrößen im Electropop-Sektor etwaige Vergleiche bezüglich Songwriting und vor allem Instrumentierung auf. Nun sei es so – „Elace“ sind sicherlich eher in der Nähe der Briten einzuordnen, denn im Dunstkreis der Berliner, auch wenn hier differenziert werden muss. Indiebretter wie „Working Class Hero“ knüpfen an die frühen Mesh zu „Fragile“-Zeiten an, während das eingängigste und tanzbare „We’ll meet again“ auch auf „Automation Baby“ seinen Platz gefunden hätte. Man würde den Protagonisten jedoch unrecht tun, sie ausschließlich als plagiatsbasierten Hybriden abzustempeln. Denn in puncto Abwechslungsreichtum setzen sie ohne Zweifel eigene Akzente und stellen die Wandlungsfähigkeit im auditiven Wahrnehmungssinn des Hörers auf eine harte Probe. „Konstantinopel“ beginnt überraschend chillig und dürfte auf jeder Electro-Lounge Playlist um Inklusion werben. Unaufdringlicher Break-Beat, sperrige Strophenführung und ein erst im dritten Anlauf zündender Refrain lassen die Gedanken des Rezensenten auf die einführende Bemerkung hinsichtlich des musikalischen Wagnisses rekurrieren – das Debütalbum mit dem „schwierigsten“ Beitrag zu beginnen, ist schon ultralässig und verdient damit eine gesonderte Erwähnung. Kratzige Lead-Synths und deutliche Brit-Pop-Anleihen weisen anschließend bei „On This Day“ den weiteren Weg und geben dem Album die nötige Struktur. Erstmals fällt auch die professionelle Intonierung durch Sänger Andrew auf, dessen stimmliche Varianz mal an James New („Mirrors“) und mal an Andy McCluskey („OMD“) erinnert. Dies alles sind Zutaten, die das passende Fundament bilden, auf dem „Elace“ ihre erstaunlich ambitionierte Produktion fußen. Zum ganz großen Wurf in Richtung voller Punktzahl reicht es dieses Mal noch nicht ganz, da einerseits ein absoluter Überfliegerhit fehlt, andererseits mir persönlich die Gitarre an manchen Stellen zu dominant erscheint. Aber letztere Kritik ist leider dem Musikgeschmack des Autoren geschuldet und für das sympathische Trio im Ordner „Pech“ abzuheften. Bei meinen Kollegen dürfte gerade die Einbeziehung des umstrittenen Saiteninstruments positivere Resonanzen hervorrufen. Wer es lieber elektronisch mag, dem sei abschließend die grandiose Ballade „You Will Leave“ empfohlen, die im hinteren Albumteil noch einmal ein echtes Highlight setzt, bei dem man sich schön in Depeche Mode-Partys zu später Stunde zurückträumen kann. Das Album ist neben der Download-Only Variante via Bandcamp auch als limitierte CD-Edition zu erwerben. Bleibt zu hoffen, dass die Band ihre stetig positive Entwicklung fortsetzt, uns in nächster Zeit den vermissten Trademark-Hit liefert und weiterhin auch live soviel Energie versprüht, dass demnächst alle verblassenden Vergleiche mit anderen Genregrößen komplett wegfallen müssen.