Eine "Therapie" betitelte CD? Ein (zugegeben hinreißender) weiblicher Engel in Zwangsjacke im Cover-Artwork? Dazu Song-Titel wie "Panic Attac", "Narcissism" oder "P.B." (die Initialen der Hauptfigur aus "American Psycho")? Keine Frage, das Debüt von EISSCHOCK läßt dunkle Vorahnungen wach werden, Gedanken an sperrige musikalische Albträume, kranke Klangwelten und perfide Bühnenshows, geradewegs gemacht dafür, das Nervenkostüm desjenigen aufs Äußerste zu strapazieren, der es auch nur ansatzweise wagt, sich dem Werk offenen Ohres und Geistes zu nähern... Doch so schlimm kommt es dann glücklicherweise nicht. Andrea, kreativer Kopf und einziges Mitglied hinter der ersten Veröffentlichung unter dem Namen EISSCHOCK, hat mit "Therapie" ein irgendwie widersprüchliches Debüt-Album geschaffen und dabei das Kunststück vollbracht, daß die Musik in der Summe letztlich dann doch funktioniert. EBM und eher gemäßigter Synthie-Pop sind die Pole, zwischen denen sich die zehn Songs dieser CD bewegen, bisweilen härter ("Sag Mir Nicht", "P.B." oder "Panic Attack"), bisweilen melodisch-atmosphärisch ("Nameless"), bisweilen eben einfach nur im Sinne des Wortes poppig ("Loveseeker"). Zusammengehalten wird das alles von einer homogenen, durchweg sehr guten Produktion (noch mehr hervorhebenswert angesichts der Tatsache, daß EISSCHOCK ein Solo-Projekt und "Therapie" entsprechend vollständig in Eigenregie entstanden ist), einem originellen Klangbild irgendwo zwischen 80er-Jahre - Synthie-Klängen und dem, was aktuelle elektronische Instrumente zu leisten imstande sind, und der variablen, aber markanten Stimme der Protagonistin, die gleichermaßen in verstörend-besessenem Flüstern (im besten Android Lust - Stil), kühler Erotik ("Sex Sells") oder harmonischen Melodie-Linien ("Nameless") zu überzeugen weiß. Auch textlich hat EISSCHOCK Mut bewiesen - den Mut, in einer immer noch durch englische Lyrics dominierten Musikrichtung mit einer gewissen Selbstverständlichkeit die Songs auf "Therapie" auch mit deutschsprachigen Texten zu versehen, was ebenfalls sehr gut funktioniert ("Sag Mir Nicht", "Sex Sells"). Konsequent findet sich dann auch der einzige "Negativ"-Ausreißer auf einem ansonsten ausgesprochen gelungenen Album im (englischen) Text zu "Our Party", der nicht so recht zu den weitestgehend sehr persönlichen und fast durchweg dunkel gefärbten Inhalten des restlichen Albums zu passen scheint. Aber damit läßt sich recht gut leben: Musikalisch ist die Scheibe über die gesamte, knappe Dreiviertelstunde Spielzeit erfreulich homogen, originell, für ein Ein-Mann- (pardon, Eine-Frau-) Projekt durchaus überzeugend, und macht neugierig darauf, was man wohl in Zukunft noch von EISSCHOCK hören wird. Und das ist es ja letztlich, worum es bei einem Debüt gehen sollte, oder? Dafür und für die in jeder Hinsicht gelungene visuelle Gestaltung des Albums viereinhalb von sechs Zählern, wissend, daß für eventuelle Nachfolger-Alben zumindest noch Steigerungsmöglichkeiten in der Bewertung drin sein sollten. Und von EISSCHOCK wird man wohl noch einiges zu hören bekommen...