Die Einstürzenden Neubauten können wohl mit Fug und Recht als eine der bedeutendsten deutschen Bands bezeichnet werden und genießen nicht nur hierzulande Ausnahmestatus. Ein Album der Neubauten ist immer eine Art Reflektion verschiedenster Wesenszustände, ein zumeist kühler aber trotzdem bunter Weg durch das eigene Ich, eine surreale Reise. Mit unbeirrter Beharrlichkeit wird man jedes mal in lyrisch schöne aber kalte Gewässer geworfen und die Herren Blixa Bargeld, Alexander Hacke, N. U. Unruh, Jochen Arbeit und Rudi Moser machen damit ihrem Namen alle Ehre. Der in Berlin eingespielte "Silence Is Sexy"-Nachfolger "Perpetuum Mobile" macht da keine Ausnahme. Die Einstürzenden Neubauten sind einen besonderen Weg des Songwritings gegangen. Interessierte konnten sich auf der Homepage der Band als Supporter registrieren. Durch die Zahlung eines kleinen Obolus wurde einerseits die finanzielle Unabhängigkeit zum Produzieren des Albums geschaffen, andererseits konnten die Supporter auch direkten Einfluss auf das Album nehmen. So haben Songs den Weg auf den Silberling gefunden, die es ohne die Supporter nicht geschafft hätten. Außerdem konnten die Supporter online direktes Feedback zu den Studiosessions geben, die sie über Webcams verfolgen konnten. Trotzdem bleibt "Perpetuum Mobile" ein reines Neubauten-Album, aber eines mit besonderer Note. Der Satz "Träume sind verunglückte Zeitreisende" aus dem fast 14 Minuten kurzen Titelsong könnte stellvertretend für das gesamte Album stehen, denn es wirkt stets nah und doch entrückt wie ein Traum. Bei "Der Weg ins Freie" werden zeitgleich zwei verschiedene Texte vorgetragen, die zwar in vielen Passagen identisch sind, aber dennoch zwei in Ort und sehr wahrscheinlich auch Person verschiedene Handlungsabläufe beschreiben. Nicht nur eigenwillige Texte sondern auch musikalische Exprimente machen "Perpetuum Mobile" so interessant. So haben die Neubauten ein wirkliches beeindruckendes Instrumentarium aufgefahren. Neben Luftkompressoren und Clavichord, sind auch Hammond Orgel und Lockpfeifen vertreten. Die damit erzeugten Stimmungen schwanken zwischen kühl ("Perpetuum Mobile") und einlullend harmonisch ("Paradiesseits"). Wie immer ist das neue Album der Einstürzenden Neubauten mit nichts außer sich selbst zu vergleichen. Hoffen wir, das der Albumtitel auch für die Band bezeichnend ist und wir noch sehr oft mit solchen Ergüssen beglückt werden. Ob sich Blixa Bargelds Weggang von den Bad Seeds auf das nächste Neubauten-Album auswirken wird, muss sich erst noch zeigen.