Die Portugiesen von Dwelling entführen den Hörer mit ihrer zweiten CD Ainda e noite in eine ganz eigene, zarte und zerbrechliche Welt. Ihr Musikstil findet seinen Ursprung im portugiesischen Fado (=Schicksal, göttlicher Wille) : Ein mit akkustischen Instrumenten unterlegter Stil, bei dem die SängerInnen meist von unglücklicher Liebe, Missständen, vergangenen Zeiten aber vor allem der Sehnsucht nach besseren Zeiten singen. Es geht um Schmerz und so gestaltet sich die Musik auch nicht als easy listening sondern fordert volle Aufmerksamkeit von ihren Hörern. Bei Dwelling selber weicht die typische Instrumentierung des Fado ein wenig ab, denn statt dem typischen Aufbau mit 1-2 Gitarren und 0-1 Violine werden die Stücke mit 2 Gitarren, 2 Violinen und einem Bass intoniert. Doch darf der Hörer nicht klassischen Bombast erwarten - Dwelling setzen alle Bestandteile spärlich und zurückhaltend ein. Meist hört man nur 2-3 Instrumente und den Gesang. Die Lieder sind eher langsam und den Musikern gelingt ein wunderbares Zusammenspiel (gerade bei solch langsamer und spärlicher Musik würde man jeden Fehler merken). Der weibliche Gesang dominiert alle Stücke - Catarina Raposo singt portugiesische und englische Texte, haucht ihnen Leben ein. Sie leidet, sie klingt resigniert, empört, doch manchmal auch kraftvoll. Erfreulicherweise ist ihre Stimme dabei immer eher ruhig und sanft und sie versucht nicht unnötige Höhen zu erklimmen oder ganz besonders/eigenwillig zu singen. Das wäre auch nicht nötig, denn sie kann wunderbar singen und klingt dabei in ihren Emotionen ehrlich. Hinter dem dominanten Gesang gestalten die Musiker wunderschöne Titel, überraschende und unerwartete Stimmungswechsel und Melodien, die so traurig und wunderschön sind, daß man sich wünscht, daß der Herbst bald kommt und man nicht mehr durch den Sonnenschein aus dieser Melancholie gerissen werden kann. Immer wieder entdeckt man neue kleine Töne, die faszinieren, immer wieder will man die Lieder hören um Neues zu entdecken. Einzelne Titel sollen gar nicht hervorgehoben werden - man täte den anderen Titeln unrecht. Ein sehr empfehlenswertes Album, das aber einiges vom Hörer abverlangt - es braucht einige Durchläufe, um von der ganzen Magie mitgerissen zu werden, denn anfangs könnte man den Verdacht haben, daß es halt nette Akkustikgitarrenmusik ist... Aber mit jedem Durchlauf erhöht sich die Freude an den Titeln. Die CD selber kommt in einem sehr schönen 8-seitigen Digipack daher. Freunde von NeoKlassik oder NeoFolk sollten sich auf jeden Fall einmal versuchen, denn hier wird im Stillen ganz Großes präsentiert ! Und auch sonst kann man sich mal heranwagen.