Ich muss vorneweg gleich zugeben, dass mir die „alten“ Dornenreich-Scheiben eindeutig besser gefallen und ich schon immer mit den akustischen Songs der Österreicher so meine Probleme hatte. Das liegt nicht daran, dass sie mir akustische Musik per se nicht gefällt, sondern daran, dass mir das Songwriting oftmals zu dürftig war. Mit dieser Vorbelastung tret ich nun die Reise „In Luft geritzt“ an. Ein Album, welches völlig ohne Strom auskommt und ohne technische Tricks in einem alten Tiroler Gemäuer aufgenommen wurde. Der erste Durchlauf: Langweilig. Der zweite Durchlauf: Erste Brüche der Monotonie sind erkennbar. Vier Wochen auf den Stapel gelegt. Dann eines Tages, nach einem anstrengenden Tag im Büro leg ich die Scheibe ein, und plötzlich macht es Klick. Es gefällt. Die Opener „Drang“ und „Unruhe“ legen sich wie ein dicker Sirup auf deine Seele, vereinnahmen sie und geben dir das Gefühl auf dieses Album schon ewig gewartet zu haben. „Jagd“ erhöht sogar die Dramatik noch etwas und ist ein Fest für alle Akustikgitarrenfetischisten. Hier wird richtig draufgehauen. Mir kommt die Bezeichnung Thrash-Neofolk in den Sinn. Einzig die Abwechslung wird klein geschrieben. Wenn man die Songs im Rechner fließend ineinander übergehen lässt, bekommt man erst sehr spät (oder gar nicht) mit, dass ein neuer Song die Gehörgänge kitzelt. Das Spiel mit der Lautstärke betreiben Dornenreich hier bis zur Unkenntlichkeit. Doch mehr Gestaltungsmittel besitzen die Songs auch nicht. Geschwindigkeit, mal schnell, mal langsam, am besten noch im schnellen Wechsel („Drang“) führt jedoch mehr zu Unruhe als zu einer willkommenen Abwechslung. Die Geige, Inve spielt sie in Perfektion wird auf Dauer auch nervtötend. So bleibt „In Lift geritzt“ ein zwiespältiges Album. Einerseits leidet es unter strenger Eintönigkeit, andererseits verursacht gerade die Monotonie das Fallenlassen in düstere Parallelwelten. Wie man es auch dreht, für Fan der akustischen Seite Dornenreichs ist dieses Album ein Fest. Für alle anderen bleibt „In Luft geritzt“ ein mutiges Abenteuer in das Seelenleben zweier verträumter Österreicher. UND! Bin ich der einzige der in diesen Songs jede Menge Potential für ein fantastisches Metal-Album sieht? „Jagd“ oder „Aufbruch“ sind prädestiniert für die Stromgitarren. Also bitte rein mit dem Stecker.