Am Ende hat es sich doch ganz schön gezogen, bis Anfang Dezember endlich die erste komplett neue Veröffentlichung der legendären Krupps das Licht der Welt erblickt hat. Natürlich ist auch Einiges passiert. Jürgen Engler wohnt wieder in Austin (laut Berliner Zeitung mittlerweile „die Insel des Linksliberalismus in Texas“), es gab Probleme bei SPV und sogar das alte Logo dürfen die Stahlwerker nicht mehr nutzen. Meine Vorfreude war nach der erfolgreichen Jubiläumstour jedenfalls groß. Wenn auch nicht sorgenfrei, denn der neue Song „5 Millionen“ war nicht so nach meinem Geschmack. Den Einstieg bildet „Beyond“, das eigentlich von der chilenischen Band Vigilante stammt, eine Brücke zum Hit „Fatherland“ bildet und sich gelungen am Engler´schen Pathos abarbeitet. Das folgende „The Chameleon Man“ wurde vorab mit „Bloodsuckers“ verglichen, einem meiner absoluten Lieblingslieder überhaupt. Das konnte natürlich nur eine Enttäuschung geben. Ohne Frage trotzdem ein guter Song, gerade im Remix von Vigilante. „Die Macht“ finde ich eher durchschnittlich und Coverversionen sind grundsätzlich nicht mein Fall, auch wenn „Dr. Mabuse“ nicht der klassische Fall einer Coverversion ist. Ralf Dörper war bekanntermaßen nicht nur bei den Krupps, sondern auch bei Propaganda maßgeblich involviert. Als ich in Gedanken schon eine wohlwollende Kritik zu formulieren begonnen habe, erklingt „Als wären wir für immer“. Ein zerbrechlicher und zugleich kraftvoller Song, der frisch klingt und eine typische Botschaft des Krupps-Frontmanns transportiert ohne im Ansatz peinlich zu sein. Wunderbar, auch wenn möglicherweise doch eher der Memphis-Remix von „Dr. Mabuse“ in den Clubs zum Einsatz kommt. Nach mehreren Durchläufen sind mir allerdings auch die anderen Stücke ans Herz gewachsen. Es ist wirklich eine gute Zeit für neue Platten alter Helden. Die Urgesteine aus Düsseldorf können im Gegensatz zu den Kollegen von Nitzer Ebb nicht auf ganzer Linie überzeugen, bringen aber mit „Als wäre es für immer“ einen der besten Songs des Jahres 2010 an den Start. Bleibt zu hoffen, dass sich Jürgen Engler doch noch für ein ganzes Album entscheidet und dieses so spannend wird wie die Perle „Als wären wir für immer“.