Ich will mal wieder tanzen. Aber dafür fehlt mir einfach eine Party, die die Düstermucke der 80er und beginnenden 90er rauf und runter spielt. Denn ja, ich bin Nostalgiker und will kein Neon und Bumm Bumm. Es lässt mich nicht locker... und das Debut der Belgier Der Klinke tragen nur allzu fein dazu bei. Denn was hier zelebriert wird ist so 1990, dass ich schon ganz unruhig auf dem Bürostuhl rumhibbel. Aber halt, ist ja nicht meine Aufgabe, mich Dank dieser neuen Stücke an alte zu erinnern sondern diese neuen Stücke zu bewerten. Cold Elektro nennt sich das also, was ich so gerne mag. Nun ja, sei es drum. All diejenigen, die bei Bands wie Calva Y Nada, Projekt Pitchfork, Front242 (die melodischen Stücke) und DasIch (musikalisch, nicht gesanglich!) nicht nein sagen, die haben einen Kandidaten für die Reinhörliste. Denn Der Klinke haben nicht nur einen witzig klingenden Bandnamen sondern machen ihre Sache erstaunlich gut. "Perfectly Dead" leitet sehr kalt ein, der Gesang, die Abmischung, die Beats – alles perfektes Retro-Tanzfutter. Mit "You" wird das Ganze zugänglicher. Dank des Frauengesangs durch Gastsängerin Melissa (die auch noch bei "Surrender" und "The voice" mitträllert) kommen Erinnerungen an The eternal afflict auf. "Surrender" führt den Hörer dann noch weiter Richtung Stück Dark Wave, vielleicht wie eine Zusammenarbeit zwischen Silke Bischoff und Diary of dreams. Dann wirds ganz 'wild', denn ich will verdammt sein wenn das Titelstück "Square Moon" nicht wie Suicide commandos "Dein Herz meine Gier" klingt, wenn Johan van Roy Wave komponieren würde. Großartig! Front'ig wirds dann mit "3 A.M.", die Melodien sind wieder auf dem Rückmarsch, es herrscht kühle Zurückhaltung und eine unterschwellig bedrohliche Stimmung. Nach diesen 5 starken Stücken lässt das Albumleider qualitativ nach, "Radio" beweist zwar mit seinen Verweisen auf den Joy Division Klassiker "Transmission" Humor, ist aber nicht mehr als nett, "The voice" könnte aus dem Reste-Fundus von Anne Clark sein und passt melodisch und gesanglich überhaupt nicht zum Rest des Albums. "Where it ends" ist nett aber zu gleichförmig. Das anschließende "Clearmind" ist dann noch einmal ein toller Track mit Coolnessfakter in den Vocals und verträumten Synthieteppichen, "Castle in the dark" und "At night" können dieses Niveau dann aber zum Abschluss nicht halten. Die Kompositionen stimmen also recht häufig. Die Abmischung hingegen ist bisweilen gewöhnungsbedürftig, denn "Square moon" fühlt sich manchmal an, als wäre das Tonstudio in Watte gepackt worden. Alles klingt etwas stumpf und verhallt. Nach mehreren Durchläufen gewinnt dieser Sound aber durchaus und aus jetztiger Sicht kann ich ihn mir kaum anders vorstellen. Gesanglich gibt es auch nicht viel zu meckern – sicherlich sind die Shouts nicht herausragend, erfüllen aber ihren Zweck und Der Klinke ist versucht, sie abwechslungsreich einzusetzen (mal etwas brutaler, mal als Erzähler,..). Die weiblichen Gastvocals gehen auch soweit in Ordnung, wobei sie bei "The voice" einfach nur unpassend erscheinen. Hier kann ich also keine Lorbeeren vergeben. Sei's drum, auf "Square Moon" ist denoch ein Bombenalbum: Das Debut schafft es, dass man eben doch nicht nur sagt "Ach ja, früher war alles besser", nein, man hat auch Lust, Der Klinke selbst immer mal wieder Platz in der eigenen Playlist zu schaffen. Bis auf einen Aussetzer greifen die Songs schlüssig ineinander über, man ist um Abwechslung bemüht und die Melodien können sicherlich den ein oder anderen Alt-Grufti hinterm Rollator hervor- und auf die Tanzfläche bewegen. Also auf geht, zugreifen!