Wie soll das nur gehen? Ein Konzert von Rummelsnuff und Maat Asbach ganz ohne Körperkontakt mit dem Publikum? Kein Armdrücken der Fans auf des Maats Rücken? Kein Schunkeln auf der Bühne, Arm in Arm mit dem starken Mann? Rummelsnuffkonzerte leben doch von der buchstäblichen Nähe zu den Zuschauern. Ach, und dann auch noch dicke Regenwolken über dem Bremer Golden City mit weiten Teilen des Areals unter freien Himmel? Das kann ja nur schiefgehen, richtig?
Was bin ich froh, dass uns diese finsteren Vorzeichen nicht schreckten – der Käpt’n war gestern in der Stadt Bremen und es war ein Konzert. Live-Musik. Mit Bühne und Publikum und fast so wie früher. Erinnert ihr euch? Ich hatte dieses Hochgefühl fast schon vergessen. Und während viele meiner Tickets für inhäusige Konzerte nach und nach um ein weiteres Jahr verschoben werden, konnte dieses Event Dank einer skurrilen Lokation unter freiem Himmel und damit auf Abstand stattfinden. Überhaupt, das Setting war wie geschaffen für den Käpt’n: das Golden City ist eine zeitlich begrenzt existierende Butze, liebevoll von einem tollen Team aus Sperrholztüren, Tonnen, Containern und allerlei Sammelsurium zusammengezimmert und betrieben. Und günstigerweise ist es auf einer Seite offen, quasi open-air. In diesem Jahr in der Überseestadt Bremens inmitten von Industrie und Hafen an der Weser aufgebaut, wirkte der Ort wie geschaffen für die schräge Kunst des muskelbepackten Herren mit der markanten Reibeisenstimme: trashig, eigenwillig und mit sehr viel Charme und Liebe gestaltet konnte man sich sehr wohl fühlen.
Aber der Regen? Nun, der begann erst kurz vor Acht, nachdem der Käpt’n noch inmitten des Publikums gespeist hatte und hörte dann kurz nach Acht auf. Und da das Golden City Schirme verteilte, waren die meisten der Gäste trockengeblieben - danke dafür! Viele Gäste waren es leider nicht, was wohl am Wetter, der etwas entlegenen Lokation und der Tatsache lag, dass nur zwei Wochen später ein Ante-Corona Rummelsnuff Konzert in Bremen stattfinden soll, das nach und nach verschoben wurde. Aber ich kann jedem Nicht-Dagewesenen nur sagen: du hast etwas verpasst. Denn für mich und uns war es die schönste Begegnung mit Rummelsnuff, Asbach und Akkordeonspieler Bernd Butz. Der Eisenkumpel fehlte diesmal leider, aber man kann nicht alles haben. Die drei Herren schafften es auch ohne direkten Körperkontakt mit dem Publikum, Stimmung und Nähe aufzubauen. Routiniert und gleichzeitig spontan und nicht um Perfektion bemüht sorgten sie bereits zum ersten Lied für das Rummelsnuff Feeling: es wird alles gut, die Welt ist eigentlich ein feiner Ort. Denn das ist, was für mich dieses Projekt ausmacht. Sie musizieren, lachen, interagieren befreit miteinander auf der Bühne und mit den Fans und scheinen wie gute Bekannte zu sein, die wie gewohnt am Nebentisch in der Stammkneipe sitzen. Da gibt der Maat einen aus oder tanzt mit den Fans, da kippte der Käpt’n aus der Schubkarre und brummelt unbeirrt weiter, da lacht man über eigene Fehler und nennt die Vorstellung augenzwinkernd eine Probe. Ja, es ist anders als mit einer eng tanzenden ersten Reihe und ja, auch die Fans auf der Bühne machen Rummelsnuff zu etwas Besonderem, was an diesem Abend eben nicht ging. Aber andererseits weiß ich nun: der Käpt’n und seine Crew brauchen das nicht zwangsläufig, sie können auch ohne Kuschelkurs einen wunderschönen Abend gestalten, der noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Außerdem zeigte die Live-Darbietung, dass Lieder wie die Äquatortaufe, der Gelbe Drachen oder Bootsmann vom neuen Album super zum älteren Material passen und die Müllabfuhr das Zeug zum echten Hit hat – ich habe weiter meine Vorbehalte zu den Teilen des neuen Albums, die mir weniger gut gefallen, aber die (in meinen Ohren) guten Songs wurden in meinem Denken durch diese enthusiastische und liebenswerte Live-Darbietung noch einmal klar aufgewertet (und meine Kritik hier war ja auch eine auf hohem Niveau).
Ich kann also resümieren: es war der perfekte Einstand in die Welt der Konzerte nach einer langen Durststrecke im sozial distanzierten Homeoffice. Die Musik toll, die Bühnenshow ein Volksfest, das Publikum klein aber hocherfreut, das Wetter bis zum Ende trocken und die Lokation perfekt. Herz, was willst du mehr? Von diesem Abend kann ich noch eine Weile zehren. Der Käpt'n ließ mich auch noch per Mail wissen, dass er der Greta und der Crew des Golden City für die vorzügliche Versorgung und Unterstützung dankt. So viel Harmonie.
Ich danke dem Käpt’n, Maat Asbach und Bernd Butz für diesen Abend, der für mich persönlich auch noch einmal etwas ganz Besonderes war: zum ersten Mal begleitete mich mein 6jähriger Sohn zu einem Konzert, er tanzte, sang mit und seine Begeisterung hielt bis zum beseelten Einschlafen an und die ersten Worte am Morgen drehten sich um die schöne Stimme vom Maat. Danke also auch dafür und alles Gute mit vielen Konzerten und Erfolg mit dem Album.
 
Eckdaten:
20.08.2021 ab 20.00 Uhr
Rummelsnuff & Asbach
im
Golden City Bremen