Es schien das Jahr der Lakaien zu sein. Erst veröffentlicht Alexander Veljanov sein zweites Album "The Sweet Life", dann erscheint die erste Platte des neuen Projekts Helium Vola von Ernst Horn und zeitgleich auch noch die erste Singleauskopplung "Generators" des neuen Longplayers der Deine Lakaien. Aus Zeitgründen wurde das sechste Studioalbum dieses Jahr nicht mehr fertig. Wen wundert's? Bei so viel Quantität müsste doch eigentlich die Qualität leiden? Nicht jedoch im Fall von "White Lies". Das Kreativduo, welches sich vor 17 Jahren über eine Kleinanzeige gefunden hatte, setzt mal wieder Maßstäbe, sowohl in bezug auf eigene musikalische Entwicklung als auch für das Genre. Den Anfang macht das schöne und ruhige "Wunderbar", das beschreib, wie in einer Winternacht ein Angetrunkener eine Laterne anruft. Es lässt sich auf zweierlei Arten deuten: Entweder als Beispiel für die vielen Irrtümer, denen wir immer wieder unterliegen oder als Illustration versteckter Schönheit. Durch die mit Klavierklängen untermalte, melancholische Stimmung gewiss ein idealer Song für kalte Winterabende. Neben Veljanovs markanter Stimme ist dieser Stil eines der Markenzeichen der Lakaien und zieht sich auch durch das ganze Album. Wohl aus diesem Grund ist "Prayer" der 'typischste' Lakaien-Song. Beschaulich und idyllisch zugleich mit elektronischem Arrangement. Bei "Stupid" handelt es sich laut Ernst Horn um "dumme Musik für dumme Kritiker". Ob ich mich da jetzt angesprochen fühlen sollte :-) ? "Kiss" ist ein anschauliches Beispiel für die Experimentierfreude der Lakaien. Elektronische Klänge kombiniert mit Klavier und Drehleier. Wirklich außergewöhnlich! Das kann nur noch "Hands White" übertreffen, das mit eindringlichen und bedrohlich wirkenden Cellosstrings zwar nicht der eingängigste Song auf dem Album ist, dafür aber der tiefgreifendeste. Ob unerfüllte Liebe ("Fleeting") oder der triste Alltagstrott, dem sich viele Menschen ohne Hoffnung ergeben ("Life is a sexually transmitted disease"), die Themen sind weit gestreut. Mit "White Lies" legen Deine Lakaien ein überzeugendes Opus vor, das nicht nur zeitlich weit vom Vorgänger "Kasmodiah" entfernt ist, sondern sich auch musikalisch auf neuen und doch zugleich vertrauten Pfaden bewegt.