Die Luft riecht süßlich und dicke, graue Wolken drängen sich ungestüm am schwarzen Nachthimmel. Die ersten Regentropfen fallen schwer auf den kaltgefrorenen Asphalt, ein eisiger Wind weht, alles ist ganz still. Weit entfernes Kirchengeläut, ein dumpfes Grollen und dann auf einmal bricht der Himmel auf. Bäm, bäm, bäm! Ohrenbetäubender Donner folgt zeitgleich auf unzählige, zuckende Blitze. Das Tor zu einer anderen Welt öffnet sich... So klischeehaft lässt sich der erste Eindruck des neuen Albums der fünf Schweden von Deathstars beschreiben. „Night Electric Night“ ist alles, was das tiefmütige Herz sich wünscht. Ein dunkelelektronischer Song reiht sich an den nächsten und verbreitet eine ganz spezielle Atmosphäre, die so noch auf keinem Deathstars-Album zu hören war. Drei Jahre haben sich die Herren Whiplasher und Co. Zeit gelassen, mehr oder weniger gezwungenermaßen, denn während der Arbeiten an „Night Electric Night“ ereignete sich der eine oder andere Schicksalsschlag im Leben der Bandmitglieder. Gleich der erste Song lässt die Kälte und Abgründe erkennen, die das Album durchgehend bestimmen. Furchterregend melancholisch und fast schon flehend eröffnet „Chertograd“ die 44 Minuten Spielzeit. Brachiale Elektrogitarren, kraftvolle Drums und ein martialisches Keyboard lassen einen in die Nacht der Nächte eintauchen. Alle Songs finden nämlich laut Konzept in ein und der selben Nacht und Stadt statt. „Night Electric Night“ beginnt mit einem orgelartigem Keyboard-Intro, wird dann mit Doublebass und eisigen Gitarrenriffs schneller und der im Background zu hörende Chorgesang unterstreicht die bedrückende Stimmung. Druckvoll ist auch „The Mark Of The Gun“, welches vor allem textlich auf sich aufmerksam macht. „D is for Destroy, E is for Enforce, A is for Absolute and D is for Darkness. DEAD! The mark of the gun!” Definitiver Gänsehautgarant. „Via The End“ jagt einem dann gleich doppelt einen Schauder den Rücken hinunter. Der einzige balladenartige Song auf dem Album entstand in der Nacht nach dem Freitod Jon Nödtveidts, dem Bruder von Gitaristen Emil „Nightmare Industries“ Nödtveidt. Zudem sind Whiplashers clean vocals ausgefallen und klingen ungewohnt nach. Ein außergewöhnlicher Track mit sowohl musikalischer als auch menschlicher Tiefe. Song Nummer sechs „Blood Stains Blondes“ ist bestimmt von markanten Tempowechseln, mal treibend, mal langatmig werden wir durch einen typischen Deathstars-Song getragen. Poppige „Oh-oh-oh“-Rufe lauern im Refrain und ich persönliche finde sie schrecklich, gar lästig, aber leider auch einprägsam. Spätestens nach dem zweiten Mal Hören hat man sich widerwillig daran gewöhnt. Die letzten Songs stechen dann nicht mehr so penetrant hervor. „Babylon“ birgt weibliche Gesangparts und „Opium“ hat einen wunderbar eingängigen Refrain. Doch im letzten Drittel des Albums bewegen sich die Deathstars auf bekannten Gefilden, so wie wir sie kannten. Die wirklich innovativen Songs, die „Night Electric Night“ zu so einer atmosphärischen Death-Glam-Scheibe machen, finden wir in den ersten beiden Dritteln. Das Album erscheint am 30.Januar. Neben der regulären Standard-Version wird es auch eine Picture Disk und eine Gold Edition (im Digi-Book) geben, die mit einer zusätzlichen DVD aufwartet, mit zwei exklusiven Remixen, Making Off und Videoclips. Zusammenfassend ist „Night Electric Night“ das beeindruckende dritte Album der Industrial-Glam-Metal-Schweden. Dunkelschwarz und –23°C kalt.