Voller Begeisterung darf ich heute ein Album vorstellen, das mich zunächst positiv überraschte, nach einigen Durchläufen mehr und mehr begeisterte und nun vollkommen überzeugt hat. Da ist sie also wieder, diese Freude, wenn man ein Album besprechen darf, dass man sicherlich so nie erstanden hätte, und es funkt. Denn als Privatmusikliebhaber bin ich beim Thema Dark Metal meist schnell raus und da mir Musiker und Projekt auch nichts sagen und ‚Hameln‘ zugegebenermaßen nicht das ganz große und vielbesprochene Release sein wird, wäre es wohl einfach an mir vorbeigezogen. Was ein Glück für mich, dass dies nicht der Fall war.

Denn wie der berühmte Rattenfänger, um den sich hier alles dreht, 1284 Tiere und Kinder verzauberte und mit sich zog, so bin ich den schönen Kompositionen der beiden Franzosen verfallen, die eine angenehme Mischung aus Dark Metal, (Apokalyptic) Folk, einen Hauch Post Black Metal und etwas Hörspielcharakter gezaubert haben. In den fast 50 Minuten Spielzeit findet sich so viel Abwechslung, so viel Entdeckenswertes – immer sind die Lieder abwechslungsreich, aber nicht zu komplex herausfordernd. Der Märchencharakter steht im Mittelpunkt und die Instrumentierung klingt zauberhaft. Mir persönlich gefallen die Folkparts ganz besonders, aber da ich privat eher Folk als Dark Metal höre, mag dies kein Wunder sein. Der Sound ist reichhaltig und „Enter the piper“ erinnert mich ganz stark an das Schaffen des Ordo Rosarius Equilibrio. Ein Vergleich, der mir im Albumverlauf immer wieder in den Sinn kommt. Jeder einzelne Song bietet ein neues musikalisches Element, treibt die Geschichte voran und es sind der Titeltrack, das schwarzmetallische „Left to die“ und eine Coverversion, die mich am meisten mitreißen (ohne den Rest schlechtreden zu wollen oder zu können). Ja, gerade die Coverversion „Requiem“, ein 25jähriger Klassiker aus dem Hause Project Pitchfork, wurde vom Duo so mühevoll für ihr Album belebt, dass ich mich nur schwer satthören kann: Einleitend mit einem Glockenspiel-Takt, gefühlt nach jedem Break eine andere Instrumentierung – alles kalt und spröde und doch ergreifend. Bis auf den ersten Track, den ich nur gut finde, sind auf dem Album ausschließlich bemerkenswerte Titel zu finden. Und gerade die Instrumentierung hilft mir über den einen Kritikpunkt hinweg, für den Death of a dryad nicht viel können: In den harten Parts gefallen mir die gebrüllten Vocals von der Klangfarbe her so gar nicht. Es ist auch nicht meine Art des Gesangs und ich ertappe mich dabei, mir einen anderen Sänger zu wünschen – dann wäre ‚Hameln‘ sicherlich eine Blindkaufempfehlung.

Wer mag Märchen? Gothic Feeling? Apocalyptic Folk? Dark Metal? Einen Hauch Black Metal? Flöten, Lautenklänge, Streicher, Cembalo, Glockenspiele, Pauken und (nicht im Mittelpunkt) gut gemachtes Metal Handwerk? Wer gibt kleineren Projekten eine Chance? Zeit nehmen, reinhören, verzaubern lassen und kaufen – etwas anderes hat dieses kleine Wunderwerk eigentlich nicht verdient.

 

Death of a dryad

Hameln

 

26.03.2021

WormHoleDeath / Trisol / Aural

 

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01. Enter the piper
02. Hameln
03. Apud omnes hostes
04. Moths to a flame
05. Left to die
06. Requiem
07. Freedom lies