Es lässt sich nur vermuten, warum David Bowie mehr als fünf Jahre nach seiner "Reality"-Tour ein Live-Doppel-Album derselben veröffentlicht, zumal 2004 bereits eine DVD dazu erschienen ist. Wie es eigentlich immer bei solchen Überraschungsveröffentlichungen ist, soll wahrscheinlich die Wartezeit bis zum nächsten, bereits angekündigten Album überbrückt werden. Schließlich liegt die Veröffentlichung des letzten Albums "Reality" auch schon fast sieben Jahre zurück. Egal welchen Grund es geben mag, warum "A Reality Tour" nun noch einmal auf CD erscheint, es ist ein beeindruckendes Tondokument. Diese Tournee war die Tour mit dem höchsten Einspielergebnis des Jahres 2004 und wird zu einer der besten von Herrn Bowie gezählt. Das ist für alle diejenigen, die einem Konzert dieser Tour beiwohnen durften, keine Überraschung, denn die Präsenz und das Charisma, das der damals 57-Jährige bis in die letzte Ecke jeder Konzerthalle oder jedes Festivalplatzes versprühte, bleiben unvergessen. Hinzu kommt eine unglaublich gute Liveband, die nicht nur perfekt mit ihrem prominenten Sänger harmoniert, sondern selbst für Aha-Effekte sorgt. Bestes Beispiel ist Bassistin Gail Ann Dorsey, die bei "Under Pressure" den Part von Freddie Mercury übernimmt und mit ihrem unglaublichen Organ den verstorbenen Queen-Sänger mehr als würdig vertritt. Das Album besteht aus dem Zusammenschnitt zweier aufeinanderfolgender Konzerte in Dublin. Man merkt den Scheiben nicht an, dass es sich um zwei verschiedene Konzerte handelt, den Zusammenschnitt an sich natürlich schon, wenn auch unmerklich. Bei den 33 Songs spielt sich David Bowie quer durch seine eigene Diskographie. Selbige ist so groß, dass man "A Reality Tour" nicht wirklich als Best-Of ansehen sollte, auch wenn natürlich viele von Bowies Hits vertreten sind. Aber es haben auch paar weniger bekannte Songs, sofern das bei David Bowie überhaupt möglich ist, den Weg auf das Album gefunden, etwa "Sister Midnight", das Bowie zusammen mit Iggy Pop für dessen "The Idiot"-Album schrieb. Als Schmankerl enthält der Mitschnitt auch noch drei Songs, die nicht auf der DVD enthalten sind: "China Girl", "Breaking Glass" und "Fall Dogs Bombs The Moon". Obwohl David Bowie während der Tour einen Herzinfarkt erlitt, muss man nicht glauben, einen altersschwachen Greis vor sich hinsäuseln zu hören. Der Brite mit Wohnsitz in New York interagiert mit dem Publikum, spielt und singt, als ob er 30 Jahre jünger wäre. Einfach unglaublich. An diesem Album gibt es einfach nichts auszusetzen, weder von der Produktion, noch von der Songauswahl. Bleibt nur die Frage der Notwendigkeit: Warum sollte man sich "A Reality Tour" zulegen? Für alle Besucher der Tour empfiehlt es sich als schöne Erinnerung, für alle anderen, um die Bowie-Klassiker auch mal in anderen Variationen hören zu können. Best-Of's dieses Ausnahmekünstlers gibt es schließlich genug. Und wer weiß, ob es zum neuen Album überhaupt noch einmal eine Tour geben wird...