Darkher, das ist eine Band, vor allem aber ihr Kopf, Jayn Maiven. Kennengelernt habe ich das Projekt mit der EP ‚The kingdom field’, wirklich schätzen gelernt erst mit dem Debüt ‚Realms’. Das ist nun auch schon wieder sechs Jahre her. In dieser Zeit sah ich Maiven zweimal live und nun sehe ich sie vor mir auf dem Cover des Zweitwerks ‚The buried storm’ und denke mir: Besser hätte man mein emotionales Empfinden Darkher gegenüber kaum bildlich umsetzen können. Denn für mich sind Musik und Musikerin eine untrennbare Melange, kalt, unnahbar, lieblich, astral und faszinierend zugleich. 

Darkher zieht mich in ihren Bann, berührt mich dabei aber weniger, als ich es erwarten würde von melancholischem Schwermut, vorgetragen mit zerbrechlich-ätherischem Gesang. Das soll kein Hinderungsgrund sein, sondern eher meine Faszination unterstreichen. Das inzwischen zu einer kompletten Band angewachsene Projekt wirkt weiterhin musikalisch wie das Auge eines Sturmes, der sich allein um Maiven zu drehen scheint. An den Rändern deuten sich Kraft und zerstörerische Wucht an, aber das eigentlich Gehörte ist unwirklich und ruhig. Die metallischen Elemente, die den Vorgänger noch deutlicher zu einem Doom Metal Werk machten, sind in den Hintergrund getreten. Man deutet die mögliche Brachialität immer nur an, treibt dieses Spiel bis an die Grenze, an der der Hörer ohne befriedend-erlösendes Riff kaum noch Halt finden kann und spendiert dann doch nur eine weitere Andeutung – es ist ein bewegendes Spiel mit den Erwartungen. Zumindest für mich. ‚The buried storm’ gefällt mir so viel mehr als das Debüt – und das hatte bereits viel Eindruck hinterlassen. 

Hört euch zumindest “Lowly weep” oder “Where the devil waits” an, am besten aber das gesamte Album und nehmt euch vielleicht auch die Zeit, beim Genuss das Coverartwork (in voller LP Größe) zu betrachten: Mir gelingt es, mich so sehr auf diesen trance-ähnlichen Genuss einzulassen, dass ich nicht nur in der Musik versinke, sondern ab einem bestimmten Punkt das Gefühl nicht loswerde, dass mich Maiven aus dem Foto heraus betrachtet und lebendiger erscheint, als sie ist. ‚The buried storm’ ist ein kleines Gesamtkunstwerk, das Anhören scheint die Welt um mich herum zu entschleunigen. Die seltenen-doomigen Riffs vermitteln Schwere, mehrheitlich ist aber wohl eher Folk zu hören: Streichersounds (auf der Bühne häufig mit einer gestrichenen E-Gitarre/E-Bass erzeugt), homöopathisch eingesetztes Drumming, dass wundervoll den Druck und die Dramatik erhöht. Und natürlich der Gesang der guten Frau, hauchzart, vergänglich, unheimlich (und unheimlich stimmungsvoll). Viel mehr gibt es nicht zu hören, braucht es aber auch nicht, um mich abzuholen. Denn Darkher kombinieren diese wenigen Mittel mit schönen Melodien, die in all ihrem Minimalismus bewegend wirken, wenn sie das richtige Ohr erreichen. 

Es ist für mich also ganz einfach: Nach einem musikalisch saustarken letzten Jahr habe ich in 2022 bisher keinen Knaller für mich ausmachen können – und wir haben bereits Mai. ‘The buried storm’ ist in all seiner Unnahbarkeit dieser erste Befreiungsschlag für mich und Fans des Debüts, die nicht stoisch auf die Metal Elemente bestehen, dürfen sich freuen. Die Zielgruppe schließt eventuell auch den Chelsea Wolfe Fanclub mit ein, wobei ich da nur mutmaßen kann. Wer bis hierhin gelesen hat, dem danke ich und rate zu einem Probelauscher. Mich macht das Werk glücklich. 

Darkher - The buried storm prophecy productions / 15.05.2022
https://darkher-uk.bandcamp.com/album/the-buried-storm 
01. Sirens nocturne
02. Lowly weep
03. Unbound
04. Where the devil waits
05. Love’s sudden death
06. The seas
07. Immortals
08. Fear not, my king