Gäbe es einen Award für den albernsten Bandnamen, Dark Princess hätten sicher gute Chancen, auf den vorderen Plätzen zu landen. Aber schließlich gilt ja: „Don't judge a book by its cover“, oder in diesem Fall: „Don't judge a band by its name“. Deshalb bekommen natürlich auch die russischen Symphonic Metaller die Chance, zu beweisen, dass sie nur bei der Wahl ihres Namens daneben gegriffen haben. Mit ihrer aktuellen Scheibe „The World I've Lost“ beabsichtigen die Musiker um die „schwarze Prinzessin“ Natalia Terekhova, außerhalb ihres Heimatlandes für Furore zu sorgen. Punkten wollen sie dabei vor allem bei Fans von Künstlern wie Nightwish oder Within Temptation. Bereits im Jahr 2004 gegründet, blicken Dark Princess auf mittlerweile drei Alben zurück, die allerdings mit anderer Frontfrau aufgenommen wurden. Solche Fakten machen mich natürlich neugierig: Gab es Differenzen in der Band wie bei Nightwish? Oder wurde die Sängerin ausgetauscht, um den kommerziellen Erfolg zu forcieren? Scheinbar handelt es sich um eine Mischung aus beidem: Zunächst zerbrach die Ehe von Producer Valery Romanov und der ehemaligen „Prinzessin“ Olga Romanova, was zu einem Ausscheiden der Sängerin aus der Band führte. Da der Ehemann aber die Rechte am Bandnamen behielt, wurde das Projekt mit neuer Sängerin weiter geführt. Mit Natalia Terekhova wurde eine sehr erfahrene Frontfrau ausgewählt, die u.a. mehrfach an Vorentscheiden zum ESC teilgenommen hat. Gänzlich ohne Konflikte scheint diese „Umstrukturierung“ der Gruppe nicht von statten gegangen zu sein: Die Domain www.darkprincess.ru wird weiterhin von Ex-Sängerin Olga Romanova betrieben, die sich anscheinend noch als einzig legitime „schwarze Prinzessin“ ansieht... Aber genug Szene-Gossip, schließlich soll die Musik im Vordergrund stehen. Schon nach wenigen Songs wird klar, dass Dark Princess hochprofessionell zu Werke gehen. Sie orientieren sich zwar konsequent an konventionellen Popstrukturen, das jedoch sehr routiniert und mit einem Gespür für catchy Melodien. Keine Frage – wie man einen guten Song schreibt wissen die russischen Metaller. Dabei will der Funke am Anfang noch nicht so recht überspringen: Der Opener „Fight With Myself“ ist trotz ordentlichem Riff etwas unspektakulär, bietet aber schon einmal, was Dark Princess scheinbar für unvermeidbar in einem guten Track halten: ein obligatorisches Gitarrensolo. Im Laufe des Albums steigert sich die Qualität der Lieder signifikant. „The Key“ zum Beispiel beginnt hübsch akustisch, um dann im Chorus ordentlich an Druck zuzunehmen. Ein richtiges Highlight stellt das anschließende „Everlasting Pain“ dar, das richtig losrockt und dann in einen perfekten Refrain mündet. Dieser Song hat absolutes Hitpotential und bietet Sängerin Natalia im Outro die Gelegenheit, die Brillianz ihrer Stimme unter Beweis zu stellen. Schön harmonieren hier ihre Vocals mit dem männlichen Gesang. Супер! Auf einem ähnlich hohen Niveau bewegt sich „Point Of No Return“, in dem zudem das charmante russische Auslassen von Artikeln auffällt („Trust me, this is point of no return!“). Mit „The Temple Of Darkness“ bieten die symphonischen Metaller zudem eine schöne Ballade, die zu meinen Favoriten des Albums gehört. Dass Dark Princess eine gewisse Eigenständigkeit aufweisen können, zeigen sie mit Songs wie „Paradise Land“. Der ruhige Titel besticht durch die folkloristischen Elemente und weiß damit durchaus zu gefallen. An vielen Stellen ist aber klar, dass sich die Russen an Genre-Größen orientieren. Natürlich gibt es mit „Fields Of Use“ einen Song, der arg nach Evanescence klingt. Da darf dann, man ahnt es schon, zum Auflockern einer der Jungs hinein-“rappen“ – tja, nennen wir's mal „retro“. Richtig schlecht ist selbst das nicht. Es gibt also nicht viel zu kritisieren an „The World I've Lost“. Die Songs sind größtenteils gelungen oder sogar überragend, die Musiker beherrschen ihr Handwerk, Natalia Terekhovas Stimme ist makellos. Es bleibt einzig das Gefühl, dass das Album sehr stark auf Massenkompatibilität ausgerichtet wurde, wodurch der Spielraum für Experimente und Innovationen gleich null ist. Dafür gibt es leichte Abzüge in der B-Note, die den insgesamt sehr positiven Eindruck aber nicht nachhaltig schmälern.