Cryptic Commands sind Teil der busy Grazer Musikszene und nehmen Einflüsse des klassischen amerikanischen Indie-Rock auf und machen ihn zu ihrem ganz eigenen: super eingängig, clever und ungekünstelt. Nachdem sie seit ihrer Gründung als Duo zu einem Vierer gewachsen sind, haben sie ihren Lo-Fi-Sound sowie zwei zusätzliche Gesangsstimmen vertieft, die für interessante Gesangsarrangements sorgen, während die Aufgaben der Lead-Stimme auf die Band verteilt sind.

Beispiele für Bands, in denen das Mikrophon umherwandert, also mehrere - oder gar alle - Musiker*innen singen, gibt es genug. Meist bleibt aber klar abgegrenzt wer den Ton angibt, die Hierarchien bleiben gewahrt. Genau davon ist auf Modern Talking, dem zweiten Album von Cryptic Commands nichts zu merken. Die von Graz aus operierende Power Punk-Pop Band nimmt ihren politischen Anspruch ernst und verbannt derartige Machtspiele aus dem Bandkosmos.

Cryptic Commands sind Einheit und Kollektiv zugleich: Eine Hits speiende Hydra! Die Songs auf Modern Talking halten Cryptic Commands erfrischend fern von Genreklischees. In einer Welt der Referenzen und Kopien tut es wohl, Lieder zu hören, deren Vorbilder sich nicht im ersten Moment erschließen. Die DIY-Mentalität der Band schwingt auf Modern Talking stets mit, auch wenn die makellose Produktion Mario Zangls (Aivery, Tents ...) es nicht im ersten Moment vermuten lässt.

Cryptic Commands hauen munter rein und loten aus, was sich mit Gitarre/ Bass/ Schlagzeug/ Gesang (und gelegentlichen Ausflügen an den Synthesizer) machen lässt. In den 90-er Jahren hätten sie wohl als Slacker gegolten, während der 00-er als Lo-Fi oder Noise-Pop. Die 2010-er jedoch bieten ausreichend Platz für diese Zwei- bis Dreiminüter, die uns den Niedergang der Gitarrenmusik vergessen machen. Damit nicht genug: die Songs auf Modern Talking sind genau in jenem Maße perfekt um strauchelnde Teens, Tweens - und darüber hinaus - durch einen verregneten Herbsttag zu bringen. Eingebettet in diese Klangwelt erschließt sich aufmerksamen Ohren eine inhaltliche Ebene, die sich den - mal mehr, mal weniger - politischen Herausforderungen der Gegenwart lyrisch annimmt.

Lässt sich der Planet noch retten (Cursed)? Oder übernehmen bald ohnehin Computer die Macht (World Apart)? Und wenn ja, wie wirkt sich das dann auf die Umwelt (Merger from Hell) und das Sozialverhalten auf nervigen Parties aus (Drowning in Champagne)? Der auf Modern Talking tonangebende eklektische Elan spiegelt sich in den Covermotiven herrlich wider. Andreas Haslauer (Epileptic Media) visualisiert mit seiner surrealen Fauna, wo sich Cryptic Commands musikalisch verorten: Zweideutigkeiten, doppelte Böden, alineares Denken verschmelzen zu einem nahtlos-heterogenen Werk. Exakt dafür wurde Mitte des 20. Jahrhunderts ein Begriff etabliert: Popmusik!