Beim Durchblättern des Booklets von „Sorrows Away“, dem Erstlingswerk der Weiterstädter Formation CryptCha, stach mir sofort ein vertrauter Name in’s Auge. Sängerin Tyrae, mir vom kurzen Gastspiel bei Adversus auf deren Album „Einer Nacht Gewesenes“ bekannt, übernimmt den weiblichen Gesangspart. Also bin ich neugierig, was sich auf der vorliegenden Silberscheibe verbirgt, auch, weil sich die Band einen recht plakativen Namen ausgesucht hat. ChryptCha, zusammengesetzt aus den Begriffen Crypta (Gruft) und Charisma ist nichts anderes als der englische, umgangssprachliche Ausdruck für Gruftie. Passend dazu wird in das Album eingeführt. Der Opener „Wear Your Black“ beschreibt den, na ja, etwas vereinfachten Werdegang eines Gruft-Mädchens in Verbindung mit ziemlich schnellen rockigen Tönen und Tina Thomasberger’s Geige im Hintergrund. Trotzdem stellt sich im weiteren Verlauf der CD heraus, daß man CryptCha keineswegs auf das Schema Gothic Rock mit Streichinstrument festlegen kann. Zu viele verschiedene musikalische Elemente werden verarbeitet. So machen schon im folgenden „Sorrows Away“ die Gitarren Platz für gefühlvolle Keyboard- und Violinenklänge sowie Tyrae’s gesprochene Strophen. Dazu bildet Sänger Stephen Sader mit seinen gesungenen Einlagen im Refrain einen reizvollen Gegenpol. Bei „CryptCha Love“ indes zeichnet er allein für die Vocals verantwortlich, was meine Ohren auf eine harte Geduldsprobe stellt. Seine Stimme ist mir hier nämlich mindestens eine Tonlage zu hoch. Das erinnert ein bißchen unangenehm an Metalbands wie „Helloween“ und läßt das orchestrale Stück eher gequält als romantisch wirken. Versteht man das unter „Gruftieliebe“? Ebenfalls nicht sicher bin ich mir, ob man sich das Leben wie bei „That’s Live“ mit Synthies, die fast schon an Spaßtechno erinnern, vorstellen sollte. Eigentlich ein gar nicht mal so schlechter Dance-Track, dessen Streicherelemente etwas an die Crüxshadows erinnern, aber die Electro-Drums und die erwähnten Synthesizer erschlagen diesen Song regelrecht. Schade drum, denn das Quintett hat mehr drauf. Das kommt in den letzten drei Titeln ganz klar zum Vorschein. Während „Dance“ vor allem durch gelungenen männlich/weiblichen Wechselgesang und eine ohrwurmverdächtige Melodie besticht, zaubert „The Evil Ones“ mit effektvoll arrangierten Percussions, einer dramatischen Violine und der leicht verzerrten Stimme Sader’s eine angenehm düstere Atmosphäre. „I Don’t Know Why“ ist schließlich eine stimmungsvolle dunkle Ballade, in der beide Vocalisten zum harmonischen Duett verschmelzen. Unfaßbar, daß der Song im Club-Mix durchaus als Bestandteil eines DJ-Sets taugen würde, doch ein tanzbarer Rhythmus, kleine verzerrte Stimmensprengsel und die hier eben nicht durch Beats überlagerte Geige zeigen „I Don’t Know Why“ von einer ganz anderen Seite und könnten nicht nur meine Beine zucken lassen. Alles in allem ist „Sorrows Away“ ein vielversprechendes Debut geworden, das aufgrund seines Facettenreichtums und einiger sehr starker Titel positiv auffällt. Lediglich „CryptCha Love“ und „That’s Live“ lassen die Sternebewertung unter 5 sinken. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, daß sich diese Band mit ihrem ganz eigenen Stil eine zu nicht geringe Stammhörerschaft erspielen wird, zu der man letztendlich auch mich zählen darf.