Eine etwas andere Doppel-Rezension: Convertertod "Life is a strange thing" / "Nebucadneza". Ob es ein Zufall ist, dass in jenen Minuten, als die erste CD des Münchener Noise-Projektes in den Player der Anlage einfährt, sich der Himmel verfinstert, langsam starker Wind aufkommt und lautlose, grelle Blitze über die Stadt zucken, ist kaum zu erahnen. Jedoch könnte die aktuelle Wetterlage nicht passender zur Stimmung von „Life is a strange thing“ sein: Noch etwas verhalten, aber voll bedrohlicher Intensität bahnt sich das maschinell erzeugte Armageddon durch die Boxen. Stark verzerrte Voice-Samples, grollende, wummernde, erbarmungslose Disharmonien und Atonalitäten fordern gewaltsam Gehör. Schmerzensschreie von Menschen drängen sich durch das pulsierende Atmen der Maschinen. Convertertod spricht die Sprache von Agonie, psychischen Extremzuständen, Gewalt, Sex und Drogen - das Produkt eines kreativen Schaffensprozesses, den der Protagonist und Mastermind schon vor einigen Jahren begonnen hatte: „Convertertod kam mir in den Sinn, da mir der Sound von „Converter“ gefällt und es eine Band gibt, die Verstärkertod heißt. Das war vor 2 Jahren, als ich auf die Idee kam, unter diesem Namen Musik zu machen. Anfangs wollte ich nur ein paar Mixes von Songs erstellen, die mir gefallen. Unter anderem wurde ich auch von Miss Kittin inspiriert. Das ist aber leider im Sand verlaufen, weil ich damals weder die Hard- noch die Software dazu hatte.“ Mit der Hilfe eines Bekannten, der selbst mit dem Projekt „Anonkrata“ aktiv ist, hatte "Convertertod" bald das erste Tape aufgenommen. Erst nach einem Jahr, im Frühling 2005, entschloss er sich, das Tape zu veröffentlichen – nun aber als CD und nochmals überarbeitet. Herausgekommen ist dabei „Life is a strange thing“. Insgesamt 17 Tracks umfasst die auf nur 44 Stück limitierte Veröffentlichung. Das Besondere dabei, so Convertertod: „Der letzte Track ist das komplette erste Tape, die einzelnen Tracks sind dasselbe Tape, aber in einzelne, bearbeitete Tracks aufgeteilt und mit Titeln versehen. Titel wie „Boazn“ (Bayern und Schwaben wissen hier bestens Bescheid, oder?), „Mumu“, „Warcraft“, „Blizz“ oder „Eugenie“ sorgen nicht unbedingt für einen prompten AHA!-Effekt, möglicherweise sollen sie das auch gar nicht: „Die Namen der Tracks sind mir einfach so durch den Kopf geschossen, ohne viel nachzudenken. Mich hat meine psychische Vergangenheit dazu bewegt, solche Titel zu wählen“, erklärt Convertertod. Musik, die polarisiert und herausfordert, anwidert oder fasziniert, krank macht oder glücklich. „Life is a strange thing“ ist nichts für schwache Gemüter und Zappelphilipps, einen „fast beat“ und zum Tanzen animierende Rhythmen sucht man hier vergeblich. Vielmehr ist es eine direkte Herausforderung an die Psyche, teilweise an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu gehen. Was könnte spannender sein? An seine Grenzen ist Convertertod aber bisher noch nicht gestoßen: „Life is a strange thing“ brennt er bisher noch selbst, das Album soll jedoch später ohne Limitierung auf deepwire erscheinen, einem kleinen Münchener Label seines Kumpels, der bereits einige spannende und interessante Bands im Internet promotet. Bisher ist Convertod aus Zeitgründen leider dort noch nicht vertreten, doch es wird daran gearbeitet. Convertertod war in der Zwischenzeit weiter aktiv und hat dem Erstling nun „Nebucadneza“ folgen lassen, „mit Absicht anders geschrieben!“, wie er betont. Nebucadneza ist unlimitiert und wird voraussichtlich im Herbst diesen Jahres erscheinen: „Sie ist soweit komplett fertig, Trackliste, Cover, Inlay und CD-Bedruck stehen. Ich brenne und bedrucke diese CDs auch selber“, erklärt Convertertod, „außerdem das Cover und das Inlay.“ Die erste, limitierte CD gibt es für 5 € zu kaufen, die evtl. spätere unlimitierte soll für 2,50 € erhältlich sein. Nebucadneza ist diesmal komplett an Convertertods PC entstanden: “Im Laufe des letzten Winters habe ich immer mal wieder ein paar Tracks erstellt und diese dann je nach Lust und Laune zu einem neuen Track zusammengestellt. So kamen über die Zeit 10 Stücke zusammen, und ich habe mich entschlossen, diese als komplette CD zu veröffentlichen. Bei den Namen der Tracks ließ ich mich von den jeweiligen Stimmungen inspirieren und durch mein soziales Umfeld.“ Nebucadneza ist nicht unbedingt leiser oder lauter, schneller oder langsamer als der Vorgänger und Erstling. Das zehn Tracks umfassende Album wirkt in erster Linie vielschichtiger, differenzierter und gereifter. Noisige Tracks (z.B. “Diesel“) lassen mystische, fast tranceartige Passagen („New6th“) folgen, auf „24“ spielt Convertertod erstmals mit „richtigen“ Melodien. „Speedbeat“ endlich verspricht den wohl langersehnten Clubkracher – obschon minimal arrangiert – aber dennoch wirkungsvoll. „Glenhaubizn“ hingegen kommt schwer und schleppend daher und betört mit einer zuckersüßen Hintergrund-Melodie (etwa Filmmusik aus den goldenen 20ern?) und spielt wiederum mit bewusst eingesetzten Disharmonien. Grenzwertig und voll schizophrener Grausamkeit präsentiert sich „Gen Westen“. An Kriegslärm erinnerndes Getöse vereinigt sich mit der nervenaufreibenden Agonie einer Frauenstimme zu einem extremen, fast schmerzenden Hörerlebnis. Nach dem recht aggressiven Track „Gritter“ schließt sich der Kreis mit „Rhythm“ – noch einmal monoton, aber tanzbar und treibend umgesetzt. Inzwischen ist es Nacht geworden über der Stadt. Die Lichter spiegeln sich im vom Regen ertränkten Asphalt der Straßen. Der Moloch zeigt nun sein anderes Gesicht – finster, kalt, bedrohlich, krank, einsam und erbarmungslos. Convertertod ist der Soundtrack für dieses Gesicht.