„Euphoriaaaaaa“! Die leicht wirre Performance der schwedischen Sängerin Loreen, die mit einem simplen, aber einprägsamen Dancesong den diesjährigen ESC, better known as „Eurovision Song Contest“ gewann, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass beim Rezensenten echte, nachhaltige Euphorie nur beim ungarischen Beitrag „Sound of our hearts“ der Band „Compact Disco“ aufkam. Diese hatte sich in ihrem Heimatland per Juryentscheid durchgesetzt und im Halbfinale überraschend höher gewettete Konkurrenz aus der Schweiz, Kroatien oder der Niederlande hinter sich gelassen. Überraschend deshalb, weil Synthiepop ohne jegliche Effekthascherei im Regelfall bei fröhlichen Dancefestivals, wie dem ESC, keinerlei Chancen besitzt. Der Auftritt beim Finale wurde dann trotz des 24. Platzes auch allgemein respektiert, in der breiten deutschen Öffentlichkeit aber kaum beachtet, den russischen Keksbäckerinnen oder dem hiesigen Mützenmodell sei Dank. Immerhin – und dies dürfte die größte Leistung überhaupt gewesen sein – konnte die sechsköpfige Band den ARD-Chefnörgler Peter Urban überzeugen, der in „Compact Disco“ „80er Pop mit einer gehörigen Prise Depeche Mode“ vereint sah. Sicherlich nicht die schlechteste Referenz, um über die Landesgrenzen hinaus Popularität zu generieren. Leser des Medienkonverters, die dezent formuliert nicht gerade die Kernzielgruppe des europäischen Megaevents ausmachen und demnach zu einem nicht gerade kleinen Teil zeitgleich zur samstäglichen Shownacht in Baku beim Wave-Gotik-Treffen in Leipzig geweilt haben dürften, sei hiermit empfohlen, mal ganz zwanglos in das aktuelle Album der Band hineinzuhören, welches auf den Namen „//“ hört. „Double-Slash“? Whatsoever, die Musik ist entscheidend und diese schmiegt sich trotz Abwesenheit des ESC-Beitrags „Sound of our hearts“ äußerst hartnäckig an die Gehörmuscheln an. Der Sound changiert zwischen erfreulich unnervigen Italo-Disco-Anteilen, den melodischen Pet Shop Boys, einer fröhlichen Version von DE/VISION (insbesondere der Opener „Always on my mind“ sei diesbezüglich empfohlen) und tatsächlich Depeche Mode („A Part of you“), auch wenn letzterer Einflussfaktor eher vernachlässigbar ist. Natürlich ist der „Pop“-Appeal relativ hoch und geübten Hörern alternativer Musik dürfte der eine oder andere Akkordwechsel zu weichgespült klingen, doch die gute Produktion, die klaren Vocals und der erfrischende Gesamteindruck lassen über diesen Makel wohlwollend hinwegblicken. Einen Minuspunkt gibt es jedoch für die Texte, deren Gehalt häufig nicht über die klassischen Komponenten eines radiotauglichen Gute-Laune Tracks hinausreichen: „I’ll be there for you / fly with me, oh oh oh oh, going to forget...“ etc. pp. Wer derartige Belanglosigkeiten tolerieren kann, bekommt einen satten Batzen moderner Electrobeats serviert, um unsere aller Lieblingssounds aus dem Synthpopgenre ergänzt. Dieses Mixgetränk dürfte vor allem in den Sommermonaten bei langen Autofahrten extrem munden und auch kilometerlange Staus auf dem Weg in den verdienten Urlaub zu einem flotten Zeitvertreib mutieren lassen. Wer also demnächst auf Autobahnen statt auf motzende Familienväter mit quengelnden Kindern auf kopfwackelnde Strahlegesichter trifft, weiß, was diese gerade hören: Compact Disco.