Combichrist zählt aktuell wohl zu den angesagtesten Bands der dunkel-elektronischen Szene. Ein wenig liegt das vermutlich an Mastermind Andy LaPlegua. Was er in die Hand nimmt, wird letztendlich irgendwie immer ein Erfolg. Dafür wird auch schnell mal eine neue Musikrichtung aus der Taufe gehoben: Techno Body Music schimpft sich die Mischung, die von den Dicso-Floors nicht mehr wegzudenken ist. Ein Prise Elektro, eine Handvoll EBM, eine Messerspitze Techno vermengt mit Industrial und fertig ist die wilde Mischung.

Die neuesten Schöpfungen der schier unermesslichen Kreativität gibt es frisch verpackt auf dem aktuellen Longplayer „Today We Are All Demons“. Die limitierte Erstauflage – die mir vorliegt – kommt im schicken Digipack daher, inklusive Bonus CD. 21 Tracks, die sich alle auf ihre eigene Art und Weise aus dem Topf der elektronischen Zutaten bedienen. Gemeinsam bleibt ihnen nur eines: Combichrist liefert das, was die Massen erwarten. Fette Bässe, aggressive Beats und prägnante Shouts. Die Parole lautet Tanzen. Und das muss man Andy und seiner Gefolgschaft lassen. Sie haben verstanden, was das schwarze Volk auf die Tanzflächen der Clubs dieser Welt zieht. An Aggressivität, treibenden Synthsequenzen und Eingängigkeit fehlt es keinem der Tracks. Dennoch führt „Today We Are All Demons“ zu keinen Ermüdungserscheinungen, da durch den gezielten Einsatz und Wechsel einzelnen Stilelemente jeder Song sein ganz eigenes Gewand erhält. Das überraschenderweise mit einer weiblichen Gaststimme (Genetorturers Sängerin GEN) daherkommende „Kickstart The Fight“ wirkt trashig/punkig, „Can’t Change The Beat“ orientiert sich dagegen an Oldschool Elementen und „New Forms Of Silence“ ist von einer düsteren, monotonen aber komplett einnehmenden Grundatmosphäre geprägt. Hier ein einzelnes Highlight hervorzuheben erscheint schier unmöglich.

Aufgrund der verschiedenen Grundelemente dürfte jeder leicht seinen eigenen Favoriten ausmachen können. Andy bezeichnet „Today We Are All Demons“ als eine Art Therapie. Tatsächlich wirkt das Album auch in sich stimmiger als sein Vorgänger. Man bedient sich einer gewissen Bandbreite der elektronischen Musik und bleibt doch in einem homogenen Raum. Damit ist „Today We Are All Demons“ deutlich flüssiger und von weniger Höhen und Tiefen geprägt. Andy schafft es sich auf einem konstant hohen Level durch die 13 Tracks der ersten CD zu bewegen, ehe ein Hidden Track passend in CD 2 überleitet. Der Hidden Track – mein persönliches Highlight – ist ein instrumentales Geräuschfeuerwerk. Auf rhythmische Art und Weise pressen die industriellen Klänge direkt in die Gehörgänge und läuten die acht Soundexperimente der Bonus CD ein.

Wie bereits bei einigen Vorgänger-CDs gehandhabt, nutzt Andy die Bonus CD für Spielereien in weniger Publikumsfreundlichen Gefilden der Elektromusik. Durchweg rein instrumentale Tracks, die von Drum’n’Bass-Sequenzen über Ambient-Anleihen bis zu extrem technoiden Rhythmusgerüsten reichen. Sicher nichts für den reinen Combichrist-Fan, der makellose Tanzmusik erwartet. Diese Tracks sind definitiv schwerer verdaulich und brauchen mehrere Durchläufe um ihre spezielle Wirkung zu entfalten. Während Andy bei „Tranquilizied“, „Avenge“ oder „Carnival Of Terror“ noch vorsichtig beim Experimentieren mit sperrigen Soundebenen bleibt, wird das „Till Death Do Us Party“ schon zu einer Geduldsprobe. Insbesondere der letzte Track „Gore Baby, Gore“ erfordert Durchhaltevermögen.

Während man anfänglich das Gefühl hat, Andy sei sich einen Kaffee holen gegangen und das Band lief einfach weiter, kommt hinten raus doch noch ein wenig Bewegung rein. Dazwischen kann man ruhig einen Tee trinken… Was bleibt als Fazit zu sagen? Eine Bewertung fällt mir schwer. Die Platte ist für ihr Zielpublikum gut gemacht. Reinrassige Tanzmusik, ohne großen Anspruch an inhaltliche Statements. Ich tue mich etwas schwer meine Ansprüche dahingehend zu senken. Aber der Erfolg gibt Combichrist wohl recht und dank des Liveauftritts kann ich auch beruhigt einen Punkt mehr geben als ich es geplant hatte.