Dank des Youtube Algorythmus lernte ich im letzten Jahr Choir Boy kennen – gut, immer noch 3 Jahre nach dem Erscheinen von 'Passive with desire' aber man, was war ich froh. Denn das Debüt der Band aus Salt Lake City hat zwei Dinge mit dem unglaublich guten Debüt von Tr/st gemein: beide sind Anwärter auf die Höchstweihen, wenn es um schreckliche Cover Artworks geht, beide sind aber auch phenomenale 80er Synthie Tripps mit einer schier unglaublichen Masse an Hits. Nun ist das zweite Album erschienen und das erneut wirklich schreckliche Cover macht Hoffnung... also mir zumindest... in einer bizarren Art und Weise.

Der Bandname entstand laut eigener Aussage, als sich ein Hörer über Adam Klopps ungewöhnliche, hohe, eigentümliche Stimme lustig machte, indem er ihn einen Chorknaben nannte. Klopp hielt das aber für passend und letztendlich ist es ein schöner und stimmiger Name. Seine Stimme beschrieb er in meinen Ohren perfekt selbst mit dem Albumtitel 'Passive with desire' und an seinem Organ werden sich die Geister scheiden. Findet man aber Zugang zu dieser Melange aus bittersüß kitschigem Säuseln und bittersüß und kleisterklebrigkitschigen Synthies, dann ist Choir Boy ein in rosa Watte gepackter Paukenschlag. Hinzu kommt noch ein Best-Of so klang es damals: traumhaft künstlich klingende Drums, dahinschwebende Saxophonsounds, dezente Gitarren und ausgesprochen gelungene Bassläufe. Diese Band hat die 80er eingeatmet und haucht sie nun sanft, voller Liebe und ohne Alterserscheinungen wieder aus. Jeder Moment wirkt wie eine dieser schrecklich überzuckerten, amerikanischen Hochzeitstorten: Man denkt beim Erstkontakt "Oh Gott", jedoch, wenn man kostet ist das Ergebnis zwar tatsächlich sehr süßlich, aber denoch umwerfend. Und 'Gathering Swans' setzt das Niveau des Debüts fort, vergisst die in meinen Ohren etwas weniger gelungene EP 'Sunday light' und trumpft mit neuen Musikern und damit abwechslungsreicherer und professionellerer Instrumentierung auf.

Klopp zaubert mit quasi jedem Song ein Highlight auf das Album – ausgenommen sind da nur das etwas zu zahme "Nites like this" und das Zwischenstück "St. Angela merici". Ansonsten kann ich jeden Titel empfehlen, meine Highlights sind "Toxic eye", "Complainer", "Sweet candy" und "Shatter". Tanzen will und werde ich zu allen, sollte es nach Corona noch Clubs geben und ein DJ diesen Geheimtipp kennen. Was soll ich sagen? Man sollte ein Faible für 80er Pop/Wave haben, man sollte sich freuen, wenn die Sounds gekonnt wiederaufbereitet werden und man DARF sich freuen auf haufenweise unfassbar kitschige und trotzdem so konsequent durchgezogene und umgesetzte Melodien, dass mann es zugeben darf, wenn es gefällt. Definitv mein bisheriges Highlight des Jahres 2020 (und ich durfte schon einige wunderbare Alben hören in der sozialen Isolation von KackCorona).

 

Choir Boy

Gathering Swans


 

08.05.2020

DAIS Records

 

https://choirboy.bandcamp.com/album/gathering-swans

 

01. It's over

02. Toxic eye

03. Complainer

04. Nites like this

05. St. Angela merici

06. Sweet candy

07. Shatter

08. Eat the frog

09. Happy to be bad

10. Gathering swans