Es geht uns in den Zeiten der Pandemie doch ähnlich: Wir sind recht viel zu Hause und da beginnen viele irgendwann, auch mal den Dachboden, den Keller und die Abstellkammer zu sichten, eventuelle Schätze zu entdecken und Ramsch über Bord zu werfen. So auch beim Medienkonverter geschehen. Ich sagte einmal zu laut "Ach, ich habe grad keine Alben, über die ich schreiben könnte" und stehe nun vor einem Berg von circa 58 Alben und Eps aus ungefähr 12 Jahren, die sich im Fundus angesammelt haben. Es werden sicherlich keine 58 Kritiken, aber der ein oder andere Text kommt wohl dabei herum. Mal sehen, ob sich auch Schätze fanden.

Als Nebenprojekt von Punch'n'Judy entstanden kommen Cat'o'nine nicht nur mit viel Liebe zum Apostroph daher, sondern mit Piratenfolk. Gut gelaunt, gut instrumentiert, gut gemeint. Vor etwas über einem Jahr erschien auf Danse Macabre das Debüt 'Weit hinaus', das ich nun bei mir als Strandgut aus dem Briefkasten fischte.

Als Duo gestartet steht Cats Violinenspiel im Zentrum der wirklich tollen Instrumentierung auf 'Weit hinaus'. Captain Cooper klampft passend zum Geschehen und bei den dazugekommenen festen und Gastmusikern sticht insbesondere Angela Miccolis' Percussionspiel hervor – so hat die Band bereits auf dem Debüt einen eigenen Sound gefunden. Etwas, das manchen Bands ja nach Jahren noch abgeht. Daumen hoch also, und auch die Melodien sind sehr angenehm und vermeiden allzu klassische Plattitüden, wie man sie von anderen Seemanns- und Piratenkapellen kennt. Doch ein Crewmitglied bekommt von mir einfach keine Rose: Ja, ich meutere gegen den Captain, aber die Vocals verhindern, dass ich das Album noch oft genießen will. Schlecht? I wo, nein. Die Töne werden getroffen, alles soweit okay. Aber Cooper singt so lammfromm und lieb, dass ich bei ihm eher an einen Fährenkapitän und bei der besungenen See an das Zwischenahner Meer denke. Wenn er singt, wie die Frauen nur auf ihn stehen, hart getrunken wird und das Unwetter das Schiff hin und her reißt, dann klingt das mit seiner Art, zu singen, als ob ich mich auf ein Taizé Probesingen verirrt habe und alle total gute Freunde sind. Und dieser Gesang beißt sich eben mit den Texten, die eher von der wilden Crew handeln und leider qualitativ bei weitem nicht das Niveau der Musiker halten. An vielen Stellen fühle ich mich an Schandmaul erinnert, wobei Thomas Lindner auch die mauesten Kalauer gesanglich effektvoll vorbringt.

Ich kann mir vorstellen, dass Cat'o'nine live ein Freudenfest sind und der Captain dort etwas weniger lieb wirkt. Vor allem in Momenten wie dem instrumentalen "Gracias, vida!" habe ich das Gefühl dass der Brückenschlag zu klassischeren Rockgefilden noch mehr ausgebaut werden könnte. Vielleicht könnte eine zahmere, sehnsüchtigere und weniger platte Lyrik besser zum Organ von Cooper passen – gerne auch wieder mehrsprachig vorgetragen. Und vielleicht ohne Pointen, denn die kommen auf 'Weit hinaus' fürchterlich zahnlos daher. Kurz: Band vormerken für Liveauftritte und als potenzieller Geheimtipp, vorerst aber nur bei ausufernden Folk-Hunger konsumieren.

 

Cat'o'Nine

Weit hinaus

 

01.03.2019

Danse Macabre

 

https://de-de.facebook.com/cato.o.nine/

 

01. Intro
02. Cat o' Nine
03. Ich bin der Captain
04. Mann über Bord
05. Sancho says...
06. Gracias, vida!
07. La lumiére des étoiles (pour Eliétte)
08. Weit, weit hinaus
09. Tosendes Meer
10. Wütender Sturm
11. Outro: Captain (Reprise)
12. Hidden Track