Roxy Music kennt wohl jeder, der sich halbwegs mit der Musik der frühen Achtziger auseinander gesetzt hat, und damit auch den 'Electric Lounge Lizard' Ferry, der neben Brian Eno den Split der Band 1983 im Musikgeschäft überlebte und auch solo punkten konnte. Schon während der Zeit mit Roxy Musik baute sich Ferry sein zweites Standbein auf, das ihn bis heute im Geschäft gehalten hat. Das Gesamtwerk Ferrys als Solokünstler ist vielen jedoch nur punktuell bekannt, so dass diese Retrospektive gerade recht kommt, sich einmal mit seiner künstlerischen Entwicklung über mehr als zwei Jahrzehnte auseinander zu setzen. Das Set besteht aus einer Best-Of Cd sowie einer Collection von fünfundzwanzig Videos, wobei sich die Datenträger inhaltlich an manchen Stellen unterscheiden. Ferry war schon immer den Coverversionen zugetan und so verwundert es nicht, dass auch diese Compilation ca. zur Hälfte aus Neuinterpretationen von Songs anderer Komponisten besteht. Der Start der Solo-Karriere in den Siebzigern ist Gitarren-Pop geht aber stellenweise deutlich in Richtung Schlager-Kitsch, was insbesondere für ‚You Go To My Head’ oder das Cover von ‚Smoke gets in your Eyey’ gilt, unterstrichen von einem Video des Auftritts in der Twiggy-Show 1974, bei dem Ferry lässig auf dem Sofa sitzt während im Hintergrund schlecht inszeniert Personal im Abendkleid flaniert. Cooler wird die Musik dann schon mit der ersten bekannteren Phase und vor allem ‚Let’s stick together’. Hier passt auch die optische Umsetzung mit Ferry im weißen Anzug, locker darüber (!) baumelnder roter Krawatte und einem Zuhälterbärtchen wie es im Buche steht. Ergänzt vom typisch minimalen Tanzstil und einer animalisch schreienden Terry Hall ein wahrer Augenschmauss. Noch kultiger ist sicherlich ‚The Price of Love’ bei dem Flamenco-Chicas Inspiration für spätere Corbijn-Depeche-Mode-Videos versprühen. Nach zwei für mich etwas uninspirierten Alben ‚In Your Mind’ und ‚The Bride Stripped Bare’ mit den zugehörigen Singles ‚Tokio Joe’ und ‚This is Tomorrow’ und ‚What Goes On’ kurz vor den Achtzigern im Glam-Pop-Style folgt sieben Jahre nichts Neues. Dann jedoch ergibt sich auch Ferry den poppigen Eighties und taucht in die Phase ein, die Klassiker der anspruchsvollen, loungigen Pop-Musik hervor gebracht hat. ‚Slave to Love’, ‚Don’t Stop the Dance’ oder später ‚Kiss and Tell’ sind heute noch so elegant und mesmerisierend wie zu Zeiten der Veröffentlichung. Nur auf der DVD enthalten ist der Song ‚Is Your Love Strong Enough’ vom Soundtrack des Films ‚Legend’. Schade eigentlich, denn eine Audio-Version dieses Titel wäre essenziell gewesen. Inzwischen sieht man auch den Videos an, dass Ferry vor seiner musikalischen Laufbahn ein Studium der ‚Fine Arts’ absolvierte. Ein schönes Zitat im Internet besagt: ‚Ferry würde bevor er ein Hotelzimmer verwüstete, dieses eher neu dekorieren. Was die Songs dieser Phase so unwiderstehlich macht, ist die Unaufdringlichkeit und Zeitlosigkeit der Kompositionen, so dass sie auch heute noch in gleicher Form an den Start gehen könnten. Deutlich erkennt man die erneute Zusammenarbeit mit Eno zum Album ‚Mamouna’ bei der gleichnamigen Single und auch ‚Your Painted Smile’ und ‚Don’t wanna Know’, denn hier geht es deutlich sphärischer zu als zuvor und die Produktion hinterlässt ihren deutlichen Stempel. Im neuen Jahrtausend versuchte sich Ferry dann nochmal an Coverversionen von Dylan sowie an 30er-Jahre angelehnten Interpretationen auf ‚As Time Goes By’. Nicht mein paar Schuhe, auch wenn dieser Ansatz Grammy-nominiert wurde. Schon alleine die DVD macht den Kauf dieses Bundles zu einer guten Anschaffung, denn wie beschrieben sind die Videos nach Anlaufschwierigkeiten in den Siebzigern durchweg sehenswert und künstlerisch ambitioniert. Und auch die CD bietet mit einundzwanzig Songs einen guten Überblick, bei dem man, selbst wenn einem ein paar Songs nicht gefallen sollten, Value for Money erhält. Von den ersten Jahren des Solo-Künstlers Ferry bin ich noch immer nicht überzeugt aber was in den Achtzigern und Neunzigern kam muss man als bahnbrechend gut beurteilen. Inhalt: 4 Value For Money: 5 Gesamt 4,5