Wer erinnert sich noch an die Tage, als Bands wie Blur, Pulp, The Stone Roses oder Suede zeigten, dass auf der Insel neue musikalische Trends geboren wurden? Von diesem ehemaligen Glanz des Brit-Pop ist heute nicht mehr viel übrig. Damon Albarn hat sich mit den Gorillaz neu erfunden und feiert weltweit große Erfolge. Brett Anderson, androgyner Glamour-Star und Frontmann von Suede, hatte es lange mit seiner Band versucht. Nach zwei überaus erfolgreichen Alben ging es aber nicht mehr so recht voran. Ein zweiter Versuch folgte mit Suede-Gitarrist Bernard Butler und der Band The Tears, der dritte dann im letzten Jahr mit seinem ersten Soloalbum. Das kommt einem Laufen im Zick-Zack-Kurs gleich, zumal man bei Brett Anderson nie sicher sein konnte, wie das musikalische Ergebnis ausfallen wird. Doch mit seinem Soloalbum kehrte er seine Blickrichtung nach innen und zeigte sich von einer sehr persönlichen Seite. In diesen Tagen erscheint sein zweites Soloalbum "Wilderness". Brett spielt darauf Piano und Gitarre und lässt sich von Cellistin Amy Langley begleiten. Ein reines Akustik-Album also, das nicht nur durch die Instrumentierung noch subjektiver wirkt. Auf "Wilderness" widmet sich Mr. Anderson ausgiebig und ausschließlich dem Thema Liebe in all seinen Facetten, ironische und teils sogar böse Wortspiele eingeschlossen. Brett Anderson hat seine Songs sehr nachdenklich und einige auch sehr melancholisch gestaltet. Das bringt einerseits schon der Einsatz des Cellos mit sich, der die Songs zwischen Pop und Kammermusik schweben lässt. Andererseits ist da aber noch Andersons unverkennbare, hohe Stimme. Dass er singen kann, hatte er schon ganz früh mit Suede bewiesen, doch mit dem Alter ist auch seine Stimme gereift. Hinzu kommen Texte, die oft genug genau den Punkt treffen, auch wenn Brett Anderson eine unüberhörbare Bitterkeit mit einfließen lässt. "Wilderness" ist ein durchweg gelungenes Album, auch wenn es in nur eine Woche aufgenommen wurde. Ein paar Songs müssen aber noch hervorgehoben werden. "The Empress" ist eine traurige Abrechnung mit der Verflossenen, die an Bissigkeit kaum zu überbieten ist. "Funeral Mantra" hat einen starken Folk-Einschlag, könnte auch von Unto Ashes sein und hebt sich vom Rest durch Background-Chor und Rhythmus ab. Das folgende "Back To You" stammt eigentlich aus dem letzten Jahr und ist ein wahrer Ohrwurm. Obendrein singt hier die Schauspielerin Emmanuelle Seigner mit (der Teufel aus dem Film "Die neun Pforten"), was dem Song durch den weiblichen Gegenpart noch mehr Tiefe verleiht. "Wilderness" ist wunderschön, passend zum Herbst und eine kleine Überraschung.