Sehnsucht nach guter Synthpop-Musik der alten Schule? Dann sollte der interessierte Leser, der beim Bandnamen „Beyond Obsession“ kopfkratzend der onlinetypischen geringen Aufmerksamkeitsspannen Rechnung tragend, bereits den „Weiter“-Button betätigt und zur nächsten Rezension gesprungen ist, kurz das Rad zurück drehen, die einleitende Frage bejahen und sich die folgenden Zeilen zu Gemüte führen. Denn die drei Newcomer aus dem Nordosten Deutschlands liefern exakt jenen Hörstoff, den aufgeschlossene Nostalgiker zwischen all dem future-gepoppe und von Dancesounds durchsetzten Synthpopcosmos schon länger vermissten. Der Verweis auf dominierende Retroelemente mag dem Debütalbum „Listen, Learn & Speak“, welches dankenswerterweise auch als physische CD-Variante direkt bei der Band zu bestellen ist, auf den ersten Blick Unrecht tun, doch der flüchtige Schnelldurchlauf lässt nur einen Schluss zu: Hier vereinen sich Depeche Mode zu „Black Celebration“-Zeiten mit klassischem DE/VISION-Songwriting und einprägsamsten Melodien, wie sie im Regelfall nur von Erasure und Co. produziert werden. Dabei muss das geübte Ohr auf zwei differierenden Ebenen lauschen. Getragene, balladeske Stücke wie das sich langsam aufbauende „Endless“ sowie der Titeltrack knüpfen am Ehesten an alte DM-Traditionen an – ersterer Song dank erdiger Gitarrenakkorde zu Beginn, während im zweiten Fall die charakteristischen Pianoparts in Moll für eine gedankliche Zeitreise in die End-90er verantwortlich zeichnen. Abwechslungsreichtum wird bei „Beyond Obsession“ ohnehin groß geschrieben. Anstatt bei der Albumpremiere mit programmierten Drumloops aus der Konserve auf die ganz sichere Nummer zu setzen, kreierte das Trio mutige Songstrukturen, die sich durchaus auch während eines einzigen Liedes permanenten Modifizierungen, bzw. Brüchen ausgesetzt sehen. Dies gelingt mal hervorragend, wie bei „I don’t hate you“ oder meinem persönlichen Favoriten „Nothing like that“, mal eher durchwachsen, wie bei der Vorabsingle „Tokio Underground“ oder beim leicht rockigen „Not Real“, bei dem die Band wohl etwas zu viel des Guten wollte und damit den Song um ein paar unharmonische Sounds überlud. Aber diese dezente Kritik darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Nils, Andre und Sören mit ihrem Erstling einen absolut vielversprechenden Einstieg hinlegen, den man aufgrund seiner detailverliebten Kompositionen einerseits mehrfach hören kann, andererseits aber auch packende Ohrwürmer wie „On my way“ gleich beim erstmaligen Hörkontakt mitträllern kann. So dürfte hier für jeden Synthpop-Fan etwas dabei sein, was eine 10 Euro-Investition in die Förderung des Nachwuchses allemal rechtfertigt. http://www.beyondobsession.de lautet der Bestelllink für die CD.