Das seit 2003 existierende deutsche Ein-Mann-Projekt „Bastards of Love“ bringt dieser Tage die neue CD „Roses, Sorrow & Red Candies „ unter die Leute. Zu diesem Anlaß sandte Al!ve uns (vom MK) aber nicht nur eine Kopie der neuen CD zu, sondern auch das Debut-Full-Time Album „Decadance Royal“ aus dem Jahr 2006. Und genau diesem werde ich mich als erstes zuwenden um dann die Entwicklungen und Veränderungen auf dem zweiten Album besser einschätzen zu können. Grundsätzlich erwarten den Hörer 14 Tracks und 2 Remixe die in den Jahren 2002 bis 2006 aufgenommen wurden und die alle grob der Minimal-Sparte zuzuortnen sind. Hinter „Bastards of Love“ steht in erster Linie Tobi Margaux, häufig entstehen die Lieder aber in Zusammenarbeit mit mehr oder minder bekannten Szenemusikern. Nach dem ersten Durchlauf war ich einfach schwer überrascht und positiv beeindruckt, daß ein Album aus einer Musikrichtung, die zugegebenermaßen gewisse Beschränkungen vorgibt, so unheimlich frisch und mit „Spiel“Freude aufwarten kann. Hier ist kein abgebrühter Profi am Werk, der plant, wie er seine Lieder verkaufsträchtig aufbauen muß, sondern jemand, der seine Musik einfach liebt und mit viel Feingefühl zu Werke geht. Und los geht der Reigen mit „Stories“ das auch gleich mein erster Anspieltip sein soll. Eine schöne Melodie, die Drums sind abwechslungsreich programmiert (insgesamt ein Pro-Punkt bei den „Bastards“ im Gegensatz zu den aberhunderten Bumm-Tschak Liedern aus diesem Musikbereich) und der Gesang stammt allein von Tobi. Dies ist recht wichtig, denn hier kann der Hörer gleich entscheiden, ob ihm dieser Gesangsstil und die Stimme gefällt. Meist etwas in den Hintergrund gerückt und etwas verfremdet – insgesamt merkt man hier am deutlichsten, daß „Bastards of Love“ ein wunderbares Projekt eines Enthusiasten ist und nicht eine Veröffentlichung, die von Profis eingespielt wurde. Es fehlt zwar an Stimmvolumen und nicht jeder Ton sitzt, aber irgendwie paßen die schrägen Töne in das Schema des Liedes. Ein klasse Start für eine richtig gute CD ! „Eine Reise“ ist eine treibende Minimal-Komposition mit Gast-Vocals von Ms. Phantastic. Wer genau diese Dame (?) ist, kann ich nicht sagen. In einem Interview, das ich im Netz fand ließ Tobi verlauten, daß man bei genaueren Hinhören darauf kommen könnte, aber sei's drum : Klasse Track, sehr catchy und tanzbar. Anspieltip 2 und der Text über die Bahn und das Reisen ist wesentlich besser als die Deutsche Bahn selbst. „Alchemy“ wartet mit Gastvocals von Genevieve Pasquier auf und ist ein etwas langatmiger und uninspirierter Song. Doch die Qualität reißt nicht ein, denn mit „Rouge fatale“ kommt der nächste kleine Knaller – ein absolut tanzflächentaugliches Stück mit netten Lyriks und Gastvocals von einer gewissen Supercheri. Anspieltip 3 (und wem die drei Tips gefielen, der soll nun zum Händler gehen und sich ein Exemplar zulegen). „Fast Reaction“ mit Nora Below will mir einfach nicht so wirklich gefallen – wenn „Bastards of Love“ straightere Melodien und weniger experimentelle Momente verwenden sind sie einfach um Längen besser. „Wheel of Passion“ (wieder mit Genevieve Pasquier) ist nicht wirklich ein Reißer aber beim Durchlauf nett anzuhören, das folgende „Love Cafe“ bringt dann wieder den Pep und die tanzbaren Bass/Drum-Linien ins Spiel. Insgesamt der bisher härteste Song, auch die Vocals sind relativ brutal (und immer noch nicht wirklich gut). Dann wird es mit „Reflecting Moon“ wieder dudelig und man fühlt sich in die durchgedrehten Synthie-80er versetzt. Leider muß man bei diesem Song auch sagen, daß es der einzige Song ist, bei dem die Vocals bisweilen wirklich wehtun. Etwas mehr faden und in den Hintergrund setzen wäre angebracht gewesen... Der folgende Song „The Gate & melancholic Youth“ wirkt wie eine Homage an beste Pop/Wave Zeiten. Ganz wunderbare Synthies bewirken, daß dem Hörer nostalgische Gefühle durchströmen (und das obwohl ich erst 25 bin und nicht wirklich die Musik der 80er miterlebt habe). „Summer Destination“ war bereits Namensgeber der ersten Bastards EP und ist hier in einer Liveversion vertreten die mitreißend sondersgleichen ist. Großartig : Wenn „Bastards“ solche Livequalitäten haben, sollte man sie sich vormerken. „Misunderstandings“ ist eine eher getragene Wave-Ballade, das folgende „World of Matter“ wäre ideal als Anspieltip, wenn ich nicht schon drei Songs genannt hätte : Der Gesang (der bei diesem Song wirklich gut ist) und die Stimmung erinnert mich bisweilen an „The Cure“ zu „Lovecats“Zeiten (obwohl die Musik weiterhin elektronisch ist), verspielt und eher sanft, schönes Lied. „Youth & Loneliness“ entwickelt sich mehr und mehr zu meinem Lieblinslied auf der CD, die Instrumentierung wirkt (trotz der gegebenen Minimal-Synthies) mächtig und die Melodie ist schleppend und zäh. Das abschließende „Surprise“ ist wieder eine hektische Dudelattacke, die jeden Minimalgegner in die Flucht treiben dürfte. Es folgen noch 2 Remixe : „Rouge fatale“ und „Stories“ wurde etwas verändert und vor allem mit druckvollen Bässen unterlegt. Beide Songs unterscheiden sich stark von den Orginalen, mir fehlt aber auch der Charm der Orginaltracks, weswegen die Remixe schnell geskippt werden. Alles in allem eine hervorragende Leistung und Musik, die sich immer wieder im Player verirren wird. Wie bereits eingangs erwähnt stammt die Musik eindeutig von jemanden, der die Musik liebt und zum Teil fehlendes Talent (vor allem im Gesangsbereich) mit jeder Menge Spaß und Spielfreude wettmacht. Und so sind die „Bastards of Love“ ein kleiner Geheimtipp für alle Minimalfans, die sich gerade über unperfekte Synthie-Sounds und schräge und nervöse Dudel-Melodien freuen. Der großen Masse wird es wohl egal sein, mir aber haben die 56 Minuten (ohne die Remixe) verdammt viel Freude bereitet und ich hoffe, es finden sich noch viele, die etwas mit Tobi's Projekt anfangen können.