Auch im Jahr 2010 dreht sich das Rad der Wiederveröffentlichung alten Attrition-Materials weiter. 1995 erstmals über Hyperium in Deutschland veröffentlicht, erscheint nun „Ephemera“ überarbeitet erneut in Deutschland. „Ephemera“ ist Teil der Serie „Incidential musics“, mit der Martin Bowes sein experimentelles Ambientmaterial veröffentlicht hat. Im Zentrum von „Ephemera“ stehen filmische Soundcollagen aus Geräuschen, klassischer und elektronischer Instrumentierung sowie Voicesamples – der für Attrition sonst so charismatische Gesang tritt so gut wie völlig in den Hintergrund. Fast beschwörerisch ruhig läutet „The long wait“ die CD ein. Eine verstimmt klingende Glocke, langsame, rhythmische Naturpercussion und eine düstere Melodie schicken sich an, sich mit lauter, aggressiver werdenden Geräuschen zu verweben. Ein aufgebrachtes Hundegebell, einige Turbulenzen, und schon sinkt man zurück in eine Ruhe, um kurz darauf erneut mitgerissen zu werden. E-Gitarren sägen durch die trügerische Stille, ein alptraumhaftes Durcheinander beginnt. Ein Zyklus, der sich mehrfach wiederholt, um nach minutenlangen Eskapaden abrupt zu enden. „A great desire“ spielt nicht minder mit Effekten, zuerst elektronischer, dann mit verspielten jazzigen Piano-Akkorden, sich verschmelzend mit atmosphärischen Soundscapes, durchwirkt von Noise-Samples, Alltagsgeräuschen. Auch „The big lie“, „Wetenschap (Dream #9), und „Lang Zal Jij Leven“ leben von facettenreichen Soundelementen, Chorälen, Synthiepassagen. „Wetenschap“ wartet gar mit der Ode “An die Freude” von Beethovens 9. Sinfonie auf. Bowes gelingt der gewagte Versuch, harmonische und disharmonische Elemente zu einem beeindruckenden Opus zu verschmelzen, das allerdings nicht unbedingt ein leichter, dafür aber ein intensiver Hörgenuss ist. Nicht für jede Stimmungslage, aber voller Kraft für individuelles Kopfkino.