Für Liebhaber neo-klassischer Musik ist das portugiesische Label Equilibrium Music eine besondere Adresse. Außergewöhnliche Künstler abseits der Electro- und E-Gitarren-Pfade werden dort mit viel künstlerischem Gespür und Sinn für Ästhetik betreut. Mit der Doppel-CD „Odos Eis Ouranon - La Via Verso Il Cielo” der beiden Ausnahmeformationen Ataraxia und Autunna et sa Rose erblickt im Sommer ein neues, wertvolles Schmuckstück das Himmelslicht. Ataraxia und Autunna et sa Rose sind längst weit über ihr Heimatland Italien hinaus bekannt. Ataraxia etwa, das Quartett um die stimmgewaltige Sängerin Francesa Nicoli, kann bereits auf eine Vielzahl an erfolgreichen Veröffentlichungen und einige erfolgreiche Live-Performances zurückblicken. Autunna et sa Rose, im Jahre 1994 gegründet, arbeiten, noch stärker als Ataraxia mit zeitgenössisch-klassischen Elementen und machten schon mit mehreren Sampler-Beiträgen sowie drei außergewöhnlichen Releases von sich reden. Mit „Odos Eis Ouranon“ veröffentlichen beide erstmalig ausgewähltes Material, das sie für dieses Projekt als reine Akustik-Aufnahmen neu arrangierten. Für die mit „Strange Lights“ betitelte, erste CD haben Ataraxia eine Art „Best of“ aufgenommen, die nicht nur eine Vielzahl ihrer „Klassiker“ umfasst, sondern auch – als besonderen Bonus für dieses Release – Titel der längst vergriffenen, raren EPs „Orlando“ sowie „Des Paroles Blanches“ sowie bisher unveröffentlichte Stücke. Wem Ataraxia ein Begriff ist, der weiß um die traumhaft atmosphärischen, vielschichtigen und versiert arrangierten Kompositionen der Italiener. Titel wie „Tu es la force du silence“, „Oduarpa“ oder „Medusa“, um nur wenige zu nennen, entführen mit ihren mystisch-verzauberten Klängen und den von Francesca Nicoli und Vittorio Vandelli mit eindrucksvoller Kraft vorgetragenen poetischen Texten in eine andere Welt – auf dem „Weg zum Himmel“, wie es der Titel verspricht. Mit Flöte, einem historischen Klavier, Glocken, Timpani, Trommeln, Rasseln sowie der unvergleichlich gespielten klassischen Gitarre kreieren Ataraxia Neu-Interpretationen von bezaubernder, vollkommener Schönheit, Melancholie und Eleganz. Der Hauch von Magie und die unbeschreibliche Emotion, welche die Formation seit Beginn ihres kreativen Schaffens umgeben und auf jeder ihrer zahlreichen Veröffentlichungen sowie in Besonderem Maße ihre – leider spärlichen – Live-Darbietungen – körperlich spürbar werden, finden auf „Strange Lights“ in seiner reinsten, akustischen Form ihren Ausdruck. Den filigranen, oft zerbrechlich wirkenden „Strange Lights“-Vertonungen stehen die auf „Logos“ versammelten, zeitgenössischen Klassik-Kompositionen von Autunna et sa Rose gegenüber. Lediglich mit einem Cello, Klavier und einer bemerkenswert eigenwilligen Sopran-Stimme interpretiert das Trio um Disorder, der sich für sämtliche Arrangements verantwortlich zeichnet, ausgewählte Stücke ihrer drei bisherigen Veröffentlichungen. Das Besondere: Sie sind Teil eines Konzertes, das im Frühjahr 2003 in einer Kirche in Rovigo vor einem – hörbar – begeisterten Publikum zum Besten gegeben wurde. Eine sehr schöne Idee, doch wer jemals ein (Klassik-)Konzert in einer Kirche besucht hat, der schätzt die Einzigartigkeit und spirituelle Intensität dieses Erlebnisses, die v.a. durch die körperliche und geistige Anwesenheit an einem solch besonderen Ort ausgelöst wird. Die akustischen Besonderheiten und die Gotteshäusern immanente Magie kann niemals auf einem Tonträger eingefangen und konserviert werden. Ansagen, hörbare Pausen, applaudierendes Publikum, um nur einige Indikatoren für eine Live-Aufnahme zu nennen, transportieren noch lange nicht den Zauber, den heilige Hallen den dort erzeugten Tönen schenken. Es fällt schwer, die auf „Logos“ veröffentlichten Stücke zu beurteilen – selbstverständlich können sie niemals an Werke von Bach, Haydn, Händel, Beethoven oder Schubert heranreichen. Dafür sind sie – verständlicherweise – zu simpel arrangiert. Da es sich aber bei Autunna et sa Rose nicht um die größten Komponisten unserer Zeit handelt, sollte der Maßstab anders angelegt werden. Während einige Titel voller Schönheit und Dramatik aufblühen, versprühen andere wiederum verstörende (mit großer Sicherheit sehr bewusst eingesetzte) Disharmonien, die dem (zuvor) von Ataraxia verwöhnten Ohr nur in Maßen oder besser gar nicht zugemutet werden sollten. Das intensive Hören dieser CD verlangt viel Aufmerksamkeit und kostet einiges an Anstrengung. Nicht, dass Ataraxia etwa eine „leicht konsumierbare Kost“ wäre, doch „Strange Lights“ ist mehr aus einem Guss und erzeugt eine mal schwere, mal leichte, wohlige, fließende Wärme. „Logos“ läuft womöglich die Gefahr, nicht passionierte und versierte Klassik-Hörer auf die Dauer zu enervieren. Rezitationen, die manchmal wie irres Geschrei anmuten, tun ihr übriges. Klassik-Experten wiederum mögen diese Veröffentlichung für lobenswert halten. Festzuhalten bleibt, dass „Logos“ nicht unbedingt mit „Strange Lights“ harmoniert, sondern mehr einen (bewusst gewollten?) Kontrast setzt, der vielleicht nicht nötig gewesen wäre. Käufer, welche die Melancholie und Mystik der Atariaxia-Werke schätzen, werden dadurch vielleicht vom Kauf abgeschreckt – schade. Abgesehen davon ist „Odos Eis Ouranon - La Via Verso Il Cielo“ auch in „sicht- und fühlbarer“ Hinsicht „der Weg zum Himmel“: Die als edler, aufwändig und bilderreich gestalteter Digipack aufgemachte (auf 2000 Stück limitierte) Doppel-CD ist zweifelsohne ein Sammler- und Liebhaber-Stück – zum Anschauen und Hörerlebnisse in besonderen Stunden. 5 Sterne, da Ataraxia diese VÖ zu etwas ganz besonderem machen!