Nach "Hello Darkness" aus dem Jahr 2017, einer Kollaboration mit Dag Rosenqvist, erscheint nun mit "Uzonia" das vierte Studioalbum des in Schottland beheimateten Komponisten Matthew Collings. "A Requiem For Edward Snowden" feierte als hoch gelobte "audio-visuelle Oper", für Streicher, Klarinette, Electronica und Real-Time-Visuals komponiert, im Oktober 2014, vor ausverkauftem Haus, seine Premiere. Darüber hinaus wurde sie auf dem Glasgow CCA, dem Edinburgh Fringe Festival und der Utrechter Gaudeamus Muziekweek (NL) aufgeführt. Collings zeichnet sich verantwortlich für eine Reihe von Installationen, bei denen seine selbst entwickelte Software zum Einsatz kam; so unter anderem auf dem Burning Man Festival in San Francisco oder dem Centre for Contemporary Arts in Glasgow. Seine Arbeiten im Filmbereich beinhalten eine Komposition für Dziga Vertovs Stummfilm-Klassiker "The Man with the Movie Camera" aus dem Jahre 1992 und einer Einladung von Amnesty International, um an "The Invisibles" mitzuwirken.

Matthew über sein Konzept und den ursprünglichen Ideen zu "Uzonia": "Usonia, mit einem "s", ist ein Begriff, der von dem Architekten Frank Lloyd Wright geprägt wurde. Er beschreibt eine Idealvorstellung von den Vereinigten Staaten. Seine Vorstellungen beinhalten etwas äußerst optimistisches, nicht nur architektonisch, sondern auch unter ästhetischen Gesichtspunkten. Ideen, die von vielen Menschen über die Jahre aufgegriffen wurden. Mit "Uzonia" beschreibe ich jemanden, der sich Lloyds Ideen für die eigenen Zwecke bemächtigt; umbenennen und verkaufen sind hierbei die treibende Feder. In der gleichen Art und Weise werden heutige Ideen und Fakten verwässert und für die eigenen Zwecke instrumentalisiert. In der heutigen Post-Trump, Post-Brexit Landschaft werden Symbole aufgegriffen, verschoben und manipuliert, mit dem Ziel, sie für eigene politische oder soziale Zwecke zu vereinnahmen. Als Meme, als Agenda, als pseudo-faschistisches Symbol. "Uzonia" als Begriff, veranschaulicht m.E. diese Balance zwischen etwas Utopischem und etwas potentiell Gefährlichem oder Bedeutungslosem. Der Begriff erscheint mir als eine gute Analogie für den aktuellen Zeitgeist."

Die Grundstimmung des Albums ist energetisch. Es versucht etwas Positives in düsteren Zeiten zu entdecken, beschreibt aber auch die Konfrontation mit gewaltigen Kräften, die von uns nicht kontrolliert werden können: Überwachung, Social Media, Klima-Katastrophe. Es endet mit einer Frage. Es sprüht voller Energie und erzeugt zugleich aber auch ein Gefühl von Verzweiflung; für mich zumindest. Generell erstelle ich Listen mit interessanten Ideen, Konzepten und Begriffen, die ich von überall her aufgreife. Quasi zufällig weise ich dann einem fertig werdenden Stück etwas aus der Liste zu. Ich denke, dass diese Methode der losen Ideensammlung wahrhaftiger ist als der Ansatz, sich bewusst für einen bestimmten Titel für ein Musikstück zu entscheiden. Der Großteil meiner Arbeiten und meines Lesens beschäftigt sich mit Technologie. Heutzutage gibt sehr aufregende Entwicklungen in diesem Bereich; viele sind zugleich aber auch äußert angsteinflößend. Es gibt viele unglaubliche Sachen, die heutzutage möglich sind; zugleich aber auch viele Entwicklungen, die wir nicht mehr kontrollieren können. So, als ob es eine furchterregende, kosmische Balance gäbe. Das Album bietet viele Referenzen auf düstere Aspekte; korrupte Organisationen, militärische Auftragnehmer, zerstörerische Naturgewalten, Waffen, düstere Intentionen, aufgeben... Wir leben in einer Zeit der Apathie, der Aktion, der Konfusion... wird der Mittelschicht, den weißen Männern (wie mir?) die Zukunft gehören? Wer interessiert sich dafür?