Der Belgier Jef Jansenbrachte 2007 das erste Werk unter dem Namen Art of Empathy heraus, 2010 der Nachfolger, beide entstanden in Eigenproduktion und ich möchte behaupten, dass die Tatsache, dass ich trotz durchaus intensiver Verfolgung des Genres nie etwas von Art of Empathy las, zumindest bedeutet, dass die Alben keinen großen Markt erreichten. Das ist nicht schlimm, wir begrüßen heuer, 10 Jahre später, Album Nummer 3 und um es vorweg zu nehmen: Man darf Art of Empathy von nun an durchaus kennen, wenn man sich für Neo Folk und Dark Wave erwärmen kann, denn dies ist ein feines Album.

Wenn ich unter Säbelrasseln auf die Planke getrieben werden würde, dann würde ich stimmungstechnisch Spiritual Front zu Zeiten von 'Armageddon Gigolo' benennen, Ordo Rosarius Equilibrio wenn es um die (überladenen) Arrangements geht, spätere Of the wand and the moon bei der Einarbeitung von Samples in den Folk und Har Belex, da Art of Empathy eher sanft, ja, fast harmlos wirkt. Das Album erschien bereits im Januar digital und kann tatsächlich auch für lau auf Bandcamp gezogen werden, jedoch erschien im Juni auch eine auf 100 Stück limitierte CD Version, die gebunden und sehr schick daherkommt. Und genau diese Version will ich hier bewerben, denn es gibt einiges an dem Album, dass ich schätze. Eine nicht untypische Mischung ist zu hören: Die Wanderklampfe als Fundament, ausreichend sanfte Keyboards für einen traumgleich-melancholischen Effekt, bisweilen martialische Trommeln, sonst unauffälliges Drumming, sanfte Chöre, Samples und der Gesang von Jef. Dieser flüstert meist und wenn er mal singt, so tut er das auch eher zurückhaltend. Das ist insoweit schade, da er zum Beispiel beim Refrain des Titelstücks zeigt, dass er auch bei kraftvollem Stimmeinsatz die Töne treffen und dadurch gefallen kann. Das hätte der Abwechslung auf Albumlänge gut getan, aber ich jammere auf hohem Niveau. Mit 71 Minuten ist 'End of I' recht lang, die einzelnen Songs sind mit einer Ausnahme auch immer über der 5-Minuten-Marke. Alles ist mühevoll arrangiert und ich kann Art of Empathy einzig vorwerfen, dass es mir rein subjektiv zu nett ist, was da musikalisch passiert – objektiv ist das ein wirklich vielschichtig arrangiertes und aufwendig zusammengesetztes Album. Wenn ich da an einige der großen Namen denke, deren Schaffen in den letzten Jahren eher an lieblose Fließbandproduktion grenzte, bei denen minimalste Instrumentierung und Produktion mit einer Reduktion auf das wesentliche begründet wurde und die bis heute nicht gelernt haben zu singen, dann ist der Aufwand, den hier ein quasi unbekannter Musiker betrieb umso beachtlicher. Und auch textlich zeigt Jef Jansen, wie viel Mühe er sich gegeben hat: Keine Traumzauber-Wald-und-Wiesen Romantik, kein 'Früher war alles besser', starke Kritik am Kapitalismus und an der westlichen Kultur werden nicht mit Runen oder versteckter Symbolik angereichert – Jansen ist recht klar in seinem vielleicht etwas harmlos-lieben aber doch grundsätzlich schönen Ansinnen: Er glaubt an das Gute im Menschen, unterstellt den meisten Empathie und sagt, dass nur wenige Machthabende genau dieses natürliche Bedürfnis der Zusammenarbeit stören wollen für Profit und Eigenutz. Grundsätzlich keine falsche Botschaft, oder? Und die Texte lesen sich ausgesprochen angenehm, sind weder plump, noch zu schwülstig. Und da das Digi-Buch wirklich schön gestaltet ist, tolle Fotos beinhaltet und ich als einzigen Kritikpunkt die verwendete Schriftart benennen möchte (handgeschrieben würde es gleich noch einmal mehr wirken), bleibt mir nur:

Art of Empathy haben mit 'End of I' ein wunderschönes, nicht perfektes und eher liebes Kleinod geschaffen, dass gewiss vom harten Kern "echter" Genrefans ob seiner lebensbejahenden Aussagen belächelt wird, aber das auch zeigt, dass das Genre frei vom fahlen Geschmack der Unterwanderung sein kann und dennoch textlich und musikalisch anspruchsvoll bleibt. Hört in jedem Fall bei Bandcamp rein und unterstützt Jef Jansen via Download mit kleinem Trinkgeld oder doch dem Kauf der wirklich schönen Digi-Book Version.

 

Art of Empathy

End of I

 

01.06.2020

Aenaos Records

 

https://artofempathy.bandcamp.com/album/end-of-i

 

01. Where the souls shine brightest
02. End of I
03. Here comes everybody
04. Their playground
05. Legion
06. Mind / Matter
07. Karma's little helpers
08. Everywhere
09. Ninety-six percent
10. Cynicism left for deas
11. Revelation of ignorance
12. Hugging strangers