Nach über 12 Jahren Bandgeschichte haben es Angels & Agony endlich geschafft, ihr drittes Album zu veröffentlichen. Mit dem von Ronan Harris produzierten hervorragenden Debüt, das mit Hits wie "One", "Revelation", "Darkness" und "Eternal Entity" aufwarten konnte, legte das niederländische Aushängeschild des gerade erst geborenen Future Pops ein absolut zündendes Werk hin. Die hohen Ansprüche, die darauf hin an den Zweitling "Avatar" (11/2004) gestellt wurden, wurden immerhin erfüllt, allerdings nicht unbedingt getoppt. Knapp drei Jahre zog sich die Band anschließend zurück, um Kräfte zu sammeln und um an einem neuen Album zu feilen, das sie mit einem Donnerschlag von der Versenkung nach ganz weit oben katapultieren sollte. Unisono melden sich Reinier Kahle und seine drei Kollegen Anfang des Jahres mit einer Platte zurück, deren Titel nur Positives, Optimistisches erwarten lässt: "Unison" bedeutet schlicht und ergreifend Übereinstimmung, Gleichklang, Harmonie. Wie bereits bei den beiden Vorgängeralben braucht es seine Zeit, bis man den neuen Angels & Agony-Kosmos erforscht und ausgelotet hat. Doch der erste Hördurchlauf bestätigt bereits die Vermutungen, dass die ins Album investierte Zeit und Mühe sich gelohnt hat. Mit einem guten Gespür für fesselnde Melodien, satte Beats und feine Details haben die Niederländer dem Future Pop ein neues Gesicht, eine neue Perspektive gegeben. Das Album wurde straight auf absolute Clubtauglichkeit ausgelegt, allerdings erklärte man nicht das Tempo der Songs zum Maß aller Dinge, sondern die Eingängigkeit, Kraft und Spannung, die den Songs innewohnt. Titel wie das grandiose "Watchers", das mit seinem mehrstimmigen Gesang und einem perfekten Refrain eine kaum zu bändigende Energie ausströmt, oder das wunderbare "Wreckage", dessen starke Melodik und Emotionalität den Song zum Favoriten des Albums avancieren lassen, darf man getrost als vorbildlichen Maßstab für intelligenten, moderen Electro-Sound bezeichnen. Auch das schnelle, düstere "Systems" schlägt mit einer solchen Wucht durch, die kaum zu toppen ist. Die leicht android verfremdeten Lead-Vocals und der harmonische, kräftige mehrstimmige Gesang setzen diesem Titel die Krone auf. An diese Qualität vermag selbst die Titelhymne "Unison" nicht heranzureichen. Auf Anleihen der Techno Body Music wurde bei "Lethargy (Rise)" (irgendwie klingt Reinier Kahle hier ein wenig wie Chris Pohl), "Forward" und "Euphoria" zurückgegriffen, "Secrets" überrascht sogar mit rockigen Anleihen und einem zurückgeschraubten Tempo. Allerdings will hier der Funke nicht so ganz überspringen. Auf die Dauer hin wirkt der Song etwas langatmig, der letzte Kick fehlt. Dass Angels & Agony dennoch auch ein Händchen für ruhige, balladeske Träum-Nummern haben, stellen sie mit dem sanften "Walk on stars" und dem entspannten, ambientlastigen "Inner Light" eindrucksvoll unter Beweis. Letzteres geht nahtlos in das sphärische Outro "Immersion" über, das mit der süßen Spieluhrenmelodie von "Bruder Jakob" schließt! Zauberhaft! Die Reise ist hier jedoch noch nicht zu Ende. Denn dem geschmackvoll gestalteten limitierten Digipack liegt eine zweite Fulltime-CD bei, die ausschließlich Remix-Versionen der Titel "Forward", "Wreckage", "Traveler" (vermutlich ist damit vielleicht eher der Begriff "Traveller", also der Reisende gemeint?), "Unison" und "Watchers" sowie zwei live-Videos der Songs "Darkness" (vom Album "Eternity") und "Stronghold" (Album: "Avatar") enthält. Torben Wendt von Diorama zauberte aus "Wreckage" einen stillen, zurückhaltenden Titel, der die Tiefen des Songs feinfühlig an die Oberfläche holt. Während die schnelle, technolastige Unison-Version von Code 64 und der Remix von Girls under Glass-Member Axel Ermes auf Anhieb überzeugen, enttäuscht der unmotiviert wirkende Flesh & Blood Remix von Darrin Huss. Schade, denn vom Psyche-Frontmann hätte man wirklich mehr erwartet! Der Orphidian-Remix wartet mit einem harten, sehr coolen Industrial Electro-Sound auf, der jedoch mit der Melodik von "Forward" als Grundlage leider nicht so richtig funktionieren mag. Construggle Test, deren Clubmix nicht wirklich zündet, liefern mit dem Symphonic Mix von "Traveler" allerdings eindrucksvollen Bombast ab, der fast schon neoklassische Züge trägt. Der stille Favorit des Remix-Albums dürfte allerdings die Silent Version von "Wreckage" sein – ein Titel zum Weinen schön. Die beiden Videos vermitteln ein tolles Live-Feeling und Klangerlebnis und stimmen schon einmal auf die kommende Festival-Saison ein, denn Angels & Agony werden in diesem Sommer mit ihren alten und neuen Hits die Bühnen auf dem WGT und auf dem M’era Luna entern! Mit "Unison" sollte Angels & Agony der Durchbruch gelingen, der mit "Avatar" noch nicht möglich war. Die wie gewohnt durchdachten, kritischen und feinfühlig formulierten Texte sorgen für hohe Sympathiewerte. Auf "Unison" transportieren die Musiker nicht nur Hoffnung, Kraft und Energie, sondern auch Tiefgang und Nachdenklichkeit. Eine Mischung, wie man sie sich wünscht!