Das Booklet von "Avatar", dem Zweitwerk der niederländischen ANGELS AND AGONY, weiß sofort zu gefallen: Ruhiges Layout, dezente Gestaltung von Schrift und optischen Details, ansonsten dominieren harmonische, größtenteils warme Farben in großen Flächen und sanften Übergängen, in die sich selbst die vereinzelt über die Seiten verstreuten, auf die Natur der CD als Werk elektronischer Musik hinweisenden Schaltbilder diverser Baugruppen aus analoger und digitaler Elektronik eher paßgenau einfügen, als das stilistische Konzept zu brechen... Wenn es Motivation des Grafik-Designers gewesen ist, die musikalische Stimmung von "Avatar" möglichst perfekt umzusetzen, so darf man wohl nur gratulieren - exakt das ist in vollem Ausmaß gelungen; die Attribute, die zur Beschreibung der optischen Erscheinung dieses Albums passen, lassen sich ohne Probleme auf die Musik übertragen. Im Klartext resultiert dies in scheinbar endlosen, sphärischen Keyboard-Flächen gepaart mit tanzbaren, aber trotz allem dezenten und nie störend wirkenden Synth-Rhythmen und Sound-Effekten, die aufgrund der Sparsamkeit ihres Einsatzes noch sehr viel stimmiger und im Interesse der Atmosphäre der Songs wirkungsvoller sind, als es ein andauerndes Sample-Bombardement wohl sein könnte. Die ganze Platte wirkt gleichermaßen harmonisch wie auch kompakt; Musik, die einen durchaus auch durch die ruhigeren Momente des Lebens begleiten kann... ...zudem es die Band über weite Strecken schafft, harmonisch-melodische Musik zu schreiben, der trotz allem noch ein Mindestmaß an Originalität innewohnt, die nicht bei jedem zweiten Song klingt wie der mißlungene Versuch, Synth-Pop aus den frühen 1980ern mit Electro/EBM-Sounds der Gegenwart zu vereinigen. Moderne Elektronik ist die Musik auf jeden Fall, aber insgesamt meint man hier eher Einflüsse von Musikern wie Jean-Michel Jarre, den späteren Tangerine Dream (remember "Lily On The Beach"?) herauszuhören; bisweilen scheinen sich auch Parallelen zu den Werken des japanischen New-Age - Elektronikers Kitaro zu ergeben, was Tracks wie "Opening", "Experience", "Awakening" oder in gewissem Maße auch "Destination" eine entrückte, fast schon meditative Wirkung verleiht. Zusammen mit treibenderen Stücken vom Kaliber "Stronghold", "Rites Of Passage" oder "Blind World" wird "Avatar" damit ein abwechslungsreiches, in sich schlüssiges, fast uneingeschränkt hörenswertes Album. Bemerkenswert zudem auch, daß das Quartett, ganz gleich, ob nun beabsichtigt oder zufällig, insgesamt ein geschicktes Händchen für Stimmungen in den Songs hat und Tracks wie "Stronghold", "Circles" oder "Division" von ihrem Grundcharakter trotz der eingängigen Melodien eher melancholisch, introvertiert wirken, ganz gut passend zu den teilweise doch etwas nachdenklicheren Lyrics auf diesem Werk... Kurz und gut: Viel Licht, relativ wenig Schatten... natürlich ist "Avatar" nicht das perfekte Album, natürlich finden sich im Verlauf der reichlich 74 Minuten Spielzeit, auf die es die CD bringt, das eine oder andere mittelklassige Stück, begegnet man gewissen Sound-Effekten und Arrangements mehr als nur einmal, finden sich Ideen und Passagen, die mit noch etwas mehr Kreativität und Fantasie wirkungsvoller hätten sein können. Im Großen und Ganzen finde ich "Avatar" dennoch interessant und hörenswert genug für fünf Zähler; all jenen, die mit New-Age - Elektronik, mit eher ruhigeren, meditativen Klängen etwas anzufangen wissen, sei diese Platte wärmstens empfohlen. Anspieltipps: "Stronghold", "Rites Of Passage", "Experience"