Zu And One noch viele einleitende Worte zu verlieren, das hieße soviel wie Nana Mouskouri ohne Brille nach Athen zu tragen. Oder was vom Pferd zu erzählen, auf dem eh jeder schon mal geritten ist. So; oder zumindest so ähnlich. Tatsache ist auf jeden Fall, dass Exil-Iraner Steve Naghavi und seine Jungs schon längst eine Institution im poppigen Indie-Electro-Bereich sind und auch den „normalen“ Media Control Charts schon des Öfteren ihre ganz eigene angenehm-süßliche, aber dennoch vollsynthethisch-knackige Duftmarke verpasst haben. Die längst in der Elektronik-Hauptstadt Berlin angekommenen And One legen „zwischendurch“ und völlig legitimerweise jetzt also auch mal einen 38 (sic!) Songs umfassenden Querschnitt ihres Schaffens vor. Sozusagen handelt es sich also um eine „virtuelle“ Live-Best-Of; auch wenn die beiden in edlem Weiß verpackten Scheibchen nur auf den simplen Namen „Live“ getauft wurden. Die drei And Onies können also mittels ihres gut sortierten Backcatalogues aus den Vollen schöpfen und die packenden Hit-Trümpfe aus dem Ärmel ziehen: „Military Fashion Show“, „Technoman“, „Traumfrau“; „Panzermensch“, „Get you closer“, „So klingt Liebe“, „Life isn`t easy in Germany“, „Driving with my Darling“ und so weiter und so fort… Hand auf`s Herz! Wer hat nicht schon mal in der einen oder anderen Location sein Gesäß auf die eine oder andere Art und Weise zum dem einen oder anderen der gerade genannten Songs bewegt? Das zahlende Publikum (die Songs wurden übrigens an verschiedenen Live-Lokationen, vor allem in Hamburg und Berlin, mitgeschnitten) ist in dieser Hinsicht natürlich noch von einem ganz anderen Kaliber. Sie können nämlich die großen Hits des flotten Electro-Synthie Pop-EBM-Dreiers nicht nur tanzend auf sich wirken lassen, sondern präsentieren sich darüber hinaus auch als absolut textfest. Und dies beweisen die Jungs und Mädels ein ums andere Mal auf diesem Live-Doppel. Und das ist auch gut so, denn sonst hätte ja besser eine Studio-Compilation auf den Weg gebracht werden können. Zu danken ist die im Verlaufe der Live-Darbietung immer brodeliger werdende Stimmung natürlich in erster Linie Frontmann „Uns Steve“. Dessen „Frontfeuer“ wird mit fortschreitender Zeit immer heftiger und unwiderstehlicher. Mit sonorer Stimme, der typischen Naghavi-Frisi – hier natürlich unsichtbar - und einer Riesen Portion frechen Charmes weiß er sein Publikum zu fesseln und vor allem auch zu animieren. Ich selbst habe seinerzeit wirklich noch nie eine so bombige Stimmung auf einem Elektronik-Konzert erleben dürfen. „Damals“ als Besucher im aktiven Auditorium und jetzt als Zuhörer dieses tollen Live-Albums. So eine Mitsing-Atmosphäre kennt man sonst eigentlich nur von deutschen Rockbands, wie z.B. den Ärzten oder von den samstäglichen Fußballspektakeln. Da wird doch nach einiger Zeit glatt der alte deutsche Schlachten-Schlager „Oh ist das schön – so was hat man lange nicht gesehen“ angestimmt – und das aus hunderten von Kehlen. Die Gesangsdarbietung bei „Klaus“ und dem post-pubertären, aber sehr lustigem „Pimmelmann“ übernimmt schließlich das Publikum fast schon zu hundert Prozent. Stevo, der „Frank Sinatra der Electro-Szene“ braucht lediglich anzustimmen und die Leute folgen ihm gesanglich und unisono. Und das ganz ohne musikalische Begleitung. Denn auf den letzten beiden Tracks der zweiten CD ruhen die Synthies, Bandmaschinen und DATs gänzlich und man wähnt sich folgenschwer in einem riesengroßen Chor. Also noch mal: Wo sonst als bei And One gibt es denn schon mal eine so ausgelassene Stimmung auf einem (großen) Szene-Konzert? „Freunde, ihr ward geil“! bedankt sich Frontlümmel Naghavi dann auch kurz und knapp zum Ende der beiden mega-unterhaltenden CDs. Dem ist nix mehr hinzuzufügen! Nur noch, dass die Soundqualität auch astrein ist und die beiden analog veröffentlichten DVDs bei kongenialer Bildqualität ja wohl der Oberhammer sein müssen. Hier werden dann wohl mal wieder phatte 5,5 Punkte fällig. An dieser Stelle sind es erstmal derer Fünf.