Es gibt sie noch, die kleinen Überraschungen. Auch in Sachen Musik. Natürlich nur für Leute, die nicht jeden Winkel des Internets und jedes Genre durchforsten. Auf dem kanadischen Label Artoffact Records ist eine dieser Überraschungen erschienen. Das (offizielle) Debüt von AAIMON (zum Namen gibt es eine richtige Abhandlung auf der Facebook-Seite des Duos) dürfte für Dark Electro-Hörer nicht nur wegen der namhaften Remixer durchaus interessant sein. Die in San Diego lebenden und miteinander verheirateten Musiker werden der Witchhouse Szene zugeordnet, allerdings sollte diese „Hürde“ den durchschnittlichen Anhänger von Electrobands aus Nordamerika nicht schrecken. Im Gegenteil, auch in den Originalsongs steckt genug Mentallo, Skinny Puppy etc. um selbst den größten Puristen zu überzeugen. Der Titelsong „Flatliner“ hat sich in beiden Szenen verdientermaßen zu einem kleinen Hit entwickelt, was im Endeffekt auch der Anlass für diese EP war, die sechs weitere Songs beinhaltet plus Remixe (oder fünfeinhalb, da „Emptiness“ sich zumindest textlich klar auf „Current“ bezieht). Den Hörer erwartet düstere, oft schleppende, elektronische Musik mit Vocals von Brant Showers und Nancy Lutz. Bei den ersten Songs ist der Anteil von Gänsehautmomenten aus meiner Sicht etwas zu gering, aber bei „Mirrows Fade“ und eben „Flatliner“ stimmt das Verhältnis. Was auch daran liegen kann, dass hier Ähnlichkeiten zu Skinny Puppy klar zu erkennen sind. Außerdem reißt mich der Gesang von Nancy etwa bei „Black Cross“ nicht um. Angereichert wird „Flatliner“ wie angesprochen durch neun Remixe. Die Namen haben es – zumindest was die Electro-Seite angeht – wirklich in sich. Haujobb und Encephalon interpretieren den Titeltrack unterschiedlich, aber in beiden Fällen sehr gelungen. Und auch Chrysalide, deren „Choke“ Remix zu den Highlights dieser CD gehört, und Dead When I Found Her, die „Black Cross“ musikalisch deutlich beleben, entpuppen sich langsam als Bands, die nur selten durchschnittliche Arbeit abliefern. Eine interessante, aber keine einfach zu konsumierende CD, die mit „Flatliner“ einen echten Sahnetrack zu bieten hat. Der Rest ist alles andere als schlecht, allerdings fehlt ein weiterer Hammer. Mit Blick auf meine Bewertung muss ich mir wohl auch eingestehen, dass ich für Witchhouse nicht richtig aufgestellt bin. Im Auge behalten werde ich AAIMON aber in jedem Fall.