Er ist der bisherige Film des Jahres: „Slumdog Millionär“. Acht Oscars räumte der Streifen ab – zu recht, denn die Geschichte des kleinen Jungen Jamal Malik, der im Moloch Mumbai groß wird und durch sein Wissen, sein Leben und Erleben es schafft die indische Version von „Wer wird Millionär“ zu gewinnen. Auch der Soundtrack kann sich sehen bzw. hören lassen: Gleich zwei Oscars konnte das Werk erhaschen – für den besten Soundtrack und den besten Song („Jai Ho“). Nun erscheint pünktlich zum Filmstart auch in Deutschland das Scheibchen. Wer sich mit Bollywood-Filmen und der dazugehörigen Musik auskennt, dem wird A. R. Rahman kein Unbekannter sein, zeichnet er sich seit Jahrzehnten für den typischen Sound der Filme aus Indien aus. Da war es kein großes Rätselraten, wer sich um die Musik bei „Slomdog Millionär“ zu kümmern hat. Und so tischt er uns auch musikalisch großes Kino und wunderbare Bilder auf. Klingt das eröffnende „O...Saya“ noch wie Bollywood feat. Timbaland“ so wird spätestens bei „Mausam & Escape“ die eigenen Wurzeln mehr als deutlich. Spannend, aufbrausend und bedrohlich zieht der Track über den Hörer und erschlägt ihn fast. Die mächtig nach Led Zeppelin („Kashmir“ lässt mal wieder grüßen) klingenden Violinen-Wände geben den letzten Kick – einfach stark. Die beiden folgenden Versionen von „Paper Planes“ stinken dagegen wieder voll ab. Zur Unterstützung hat sich Rahman hier die britische Künstlern M.I.A. (eigentlich Mathangi „Maya“ Arulpragasam) geangelt. Doch ihre Künste kann man nur noch schwer als Singen bezeichnen. Sticht die reguläre Version mit erschütternden Gewehrschüssen noch ein wenig heraus, geht der lahme DFA Remix einfach unter. In der Folge rührt Rahman einen ziemlich klebrigen Brei an – wahnsinnig überproduziert und überladen. So ist „Liquid Dance“ eigentlich kaum hörbar, weil aller drei Sekunden etwas anderes passiert. Das mag im Film vielleicht streckenweise funktionieren, zu Hause im CD-Player nervt es gewaltig. Hier werden hunderte von Sounds zusammengeworfen und durch den Fleischwolf gedreht. Besser wird es erst wieder beim elektrolastigen „Aaj Ki Raat“, wo man so etwas wie eine Struktur erkennen kann. Versteht mich nicht falsch: Ich mag komplizierte Song, aber tausende Spuren übereinander zu legen und somit die Basis eines Songs zu verwässern (weil Basis kaum vorhanden), ist noch lange keine Kunst und Pop-Musik aus Indien (mit übertrieben westlichen Anbiederungen) noch lange keine Weltmusik. Zum Glück versöhnt mich das Ende dieser CD. Mit der traumhaften Ballade „Dreams On Fire“ und dem Oscar prämierten „Jai Ho“ schließt Rahman einen leider nur durchschnittlichen Soundtrack hochklassig ab. Zum wahnsinnig tollen „Jai Ho“ hier noch ein Zitat aus dem New York Observer, dem wohl nicht viel hinzuzufügen ist: „Nachdem wir das gesehen haben, plädieren wir dafür, dass von nun an jeder Film mit so einer gigantischen Tanznummer enden soll“.