Retro nimmt bisweilen seltsame Züge an. In unserer hochtechnisierten Welt ist fast nichts mehr unmöglich und es scheint schon fast ein Naturgesetz zu sein, dass sich mit zunehmenden Fortschritt immer wieder Gruppen abspalten, die sich auf alte Werte berufen. So auch bei der auf diesem Album anzutreffenden Musikrichtung. Sie bildete sich langsam im Untergrund, ausgehend von einer Szene, die sich mit Lo-Bit-Musik beschäftigte. Als Soundmaschinen werden alte Spielgeräte wie etwa Gamesboys aus den 90ern, Videospielekonsolen wieder Commodore64 oder alte Computer verwendet. Diese sich auf 8-Bit beschränkende Musik wird Chiptune, Bitpop oder eben 8-Bit genannt. Erste Ausflüge in den Mainstream bzw. bekanntere Gefilde gab es z.B. durch Apoptygma Berzerk (z.B. "C64"). Ansonsten findet ein reger Austausch innerhalb der Fangemeinde über das Internet satt. Astralwerk hat sich diesem Trend angenommen und veröffentlicht nun eine Compilation mit lauter 8-Bit-Künstlern. Etwas heikel an dieser Geschichte ist das Thema der Zusammenstellung. Es werden nämlich, wie der Titel "The Music Of Kraftwerk" eindeutig klarstellt, Kraftwerk-Songs interpretiert. Diese Vordenker und Musikpioniere nun mit veralteter Lo-Bit-Technik neu interpretiert zu hören, hat etwas kontroverses. Ohne die Arbeit der Künstler herabwürdigen zu wollen, wäre ein freierer Ansatz besser gewesen. Wer würde schon Jimmy Hendrix auf einem Banjo spielen? Lässt man diesen Punkt aber einmal außen vor, zeigt 8-Bit-Operator doch recht eindrucksvoll, was mit dieser veralteten Technik alles möglich ist. Zurückversetzt in alte Spielertage, die man vor dem Fernseher mit Pixelgrafiken verzockte, lässt das Album sowohl Erinnerungen wieder aufleben und versetzt sie gleichzeitig in die Gegenwart. Die einzelnen Bit-Akrobaten gehen in ihren Umsetzungen unterschiedlich weit. Während sich Bacalaos "The Robots" noch stark ans Original hält, klingt "Trans Europe Express" von Receptors wie frisch aus der Spielekonsole gepresst, genauso wie die Gameboy-Version von "Kristallo" durch Oliver Wittchow. Ganz anders ertönt es bei David E. Sugar, bei dem eine Gitarre uns Spiel kommt und ebenso wie Role Models Interpretation von "Showroom Dummies" stark an Client erinnert. Richtig krass ist auch Nullspeeds Variante von "The Model", bei dem die Sounds so richtig dumpf-dröhnend klingen. Bleibt abschließend noch die Frage, was uns das alles bringt? Neben nostalgischen Gesichtspunkten vor allem eine Menge Spaß, auch wenn sich das Album nicht für die Dauerrotation eignet. Lediglich 8-Bit-Fans kommen hier voll auf ihre Kosten. Ohne das Kraftwerk-Wagnis wäre es sicherlich noch unterhaltsamer geworden.